Themenschwerpunkt
Über Seidenstraßen – Kulturtransfer und Globalisierung
Prof. Dr. Martin Kintzinger
Professor für Hoch- und Spätmittelalter/Westeuropäische Geschichte, Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Das Wissen der anderen. Kulturtransfer als Kontingenz zwischen Orient und Okzident im Mittelalter
Montag, 3. Februar 2020, 18:15 Uhr, Hörsaal N 1 (Muschel)
Unter der Sonne Palästinas waren Ritterrüstungen unpraktisch. Diese und andere Lerneffekte lagen für Reisende nicht nur in der Zeit der Kreuzzüge auf der Hand. Es blieb aber nicht bei praktischen Belangen. Der Kontakt mit unbekannten Gebräuchen und Traditionen ließ neugierig werden und mitunter brachten Reisende von weither Souvenirs mit, die nicht nur das Ungewohnte fremder Kulturen zeigten, sondern auch als ästhetisch ansprechend oder funktional wahrgenommen wurden und zur Übernahme in die heimischen Gebräuche führten. So konnte es "Mode" werden, neue Spiele zu spielen oder sogar fremdartige Stile in die eigene Kunst und Baugestaltung aufzunehmen. Die Wissenschaft profitierte von den Erkenntnissen und Verfahren ferner Kulturen. Einen Begriff von Kulturtransfer hatte man im Mittelalter noch nicht, aber die Sache gab es schon und sie weitete den Wissenshorizont der europäischen Gesellschaft, obwohl man die kulturellen Werte aus fernen Gesellschaften keinesfalls übernehmen wollte, vielfach sogar bekämpfte. Die Neugier und die Experimentierfreude fanden eigene Wege, das Fremde in das Eigene zu integrieren und so das Wissen der anderen zu einem Teil des eigenen Wissens werden zu lassen.
Martin Kintzinger ist seit 2002 Professor für Hoch- und Spätmittelalter/Westeuropäische Geschichte des Mittelalters an der Universität Münster. Seine Arbeitsschwerpunkte sind die Universitäts- und Wissensgeschichte sowie die Geschichte der internationalen Beziehungen im Mittelalter. Er ist Herausgeber der Studienbuchreihe Geschichte kompakt/Mittelalter, Mitherausgeber des Jahrbuchs für Universitätsgeschichte, Präsident der Gesellschaft für Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte und Mitglied im Stiftungsrat der Max Weber Stiftung/Deutsche Geisteswissenschaftliche Institute im Ausland.