Hasse, Prof. Dr. Dag Nikolaus – Vortragsexposé – Wintersemester 2022/2023

Themenschwerpunkt des Studium generale
Europa – Ideen und Identitäten

Prof. Dr. Dag Nikolaus Hasse

Inhaber des Lehrstuhls III: Geschichte der Philosophie, Institut für Philosophie, Julius-Maximilians-Universität Würzburg

Was ist europäisch?

Montag, 7. November 2022, 18:15 Uhr

Aktuelle Informationen zu Präsenzveranstaltung und Livestream unter www.studgen.uni-mainz.de

In politischen Diskussionen unserer Zeit wird manchmal beklagt, dass bei vielen Bürgerinnen und Bürgern das Gefühl der Bindung an Europa und an die Europäische Union zu schwach ausgeprägt sei und dass es einer Besinnung auf eine gemeinsame europäische Identität, Kultur und Wertegemeinschaft bedürfe, um Begeisterung für die europäische Idee wiederzubeleben – gerade heute in Zeiten der Konfrontation mit Russland. Doch dieser Weg, so die These des Vortrags, führt zu Ausgrenzung und Arroganz, wie die Geschichte kultureller Europa-Begriffe zeigt, und verhindert, dass Europa für die Herausforderungen der Zukunft gewappnet ist. Es lohnt sich, die Nachteile aufklärerischer und romantischer Begriffe von Europa zu verstehen und zu versuchen, Europa offener zu denken.

Prof. Dr. Dag Nikolaus Hasse hat 2021 bei Reclam den Essay Was ist europäisch? Zur Überwindung kolonialer und romantischer Denkformen veröffentlicht. Er ist Professor für Geschichte der Philosophie an der Universität Würzburg. Seine Forschung gilt hauptsächlich der arabischen Philosophie und Naturwissenschaft und ihrem Einfluss im lateinischen Europa.
In Success and Suppression: Arabic Sciences and Philosophy in the Renaissance (Harvard University Press, 2016) untersucht er den Höhepunkt und das allmähliche Ende dieses Einflusses auf Philosophie, Medizin und Astrologie im 15. und 16. Jahrhundert. Hasse hat sich besonders mit zwei arabischsprachigen Denkern beschäftigt: dem Perser Avicenna (Avicenna's ›De anima‹ in the Latin West, 2000) und dem Andalusier Averroes. Das Vokabular der klassischen arabischen Wissenschaftler und ihrer lateinischen Übersetzer erschließt er mit seinem Würzburger Forschungsteam in einem digitalen Lexikon, dem Arabic and Latin Glossary (2009 ff.). Das von ihm geleitete Editionsprojekt Ptolemaeus Arabus et Latinus widmet sich der Astronomie- und Astrologiegeschichte des 2.–16. Jahrhunderts.
Hasse ist ordentliches Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und wurde 2016 mit dem Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis ausgezeichnet.

Nächster Vortrag in dieser Reihe:
Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Schmale
Professor i.R. für Geschichte der Neuzeit, Institut für Geschichte, Universität Wien, Österreich
Europäische Identität(en): Praktiken und Ideen in Neuzeit und Gegenwart
Montag, 14. November 2022, 18:15 Uhr