Gastvorträge
PD Dr. Agnieszka Pufelska
Nord-Ostinstitut, Universität Hamburg
Stolperfallen der deutsch-polnischen Beziehungen nach 1945
Montag, 4. November 2024, 18:15 Uhr, online
Stolperfallen der deutsch-polnischen Beziehungen nach 1945
Der Machtwechsel in Polen von der national-konservativen PiS-Regierung zur Mitte-Linkskoalition im Dezember 2023 hat keine Überwindung der tiefen Krise in den deutsch-polnischen Beziehungen gebracht. Die Probleme (Reparationsforderungen, Grenzkontrollen, Verhältnis zu Russland) zwischen den Ländern halten an und machen einmal mehr deutlich, wie nachhaltig die Geschichte die deutsch-polnischen Beziehungen beeinflusst und wie sehr die Bereitschaft, sich angemessen mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen, die gegenseitigen Wahrnehmungen bestimmt. Diesen offensichtlichen Zusammenhang nimmt der Vortrag zum Anlass, daran zu erinnern, was Deutschland und Polen seit 1945 auseinandergetrieben oder auch zusammengehalten hat. Was von den vergangenen Nachbarschaftskonflikten lebt noch?
Foto: © privat
PD Dr. Agnieszka Pufelska ist eine polnisch-deutsche Kultur- und Ideenhistorikerin. Sie studierte Germanistik und Kulturwissenschaften an der Staatlichen Fachhochschule in Płock (Polen), der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) sowie an der Universität Tel Aviv. 2005 promovierte sie an der Europa-Universität Viadrina zu Antisemitismus in Polen. 2015 habilitierte sie sich an der Universität Potsdam mit einer Arbeit zum Preußenbild zu Zeit der polnischen Aufklärung.
Agnieszka Pufelska war u.a. als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Potsdam tätig, übernahm Lehraufträge in Buenos Aires und hatte eine Gastprofessur am Institut für Osteuropäische Geschichte der Universität Wien inne. Seit 2016 arbeitet sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Nordost-Institut der Universität Hamburg in Lüneburg.
Sie ist Mitglied der Redaktion des Nordost-Archivs, sowie ordentliches Mitglied der Historischen Kommission zu Berlin e.V. 2023 erhielt sie den Jubiläumspreis für Wissenschaft der Stiftung Preußische Seehandlung, der mit einem Forschungsaufenthalt am Wissenschaftskolleg zu Berlin verbunden ist.
Zu ihren Forschungs- und Publikationsschwerpunkten zählen: jüdische Kulturgeschichte in Ostmitteleuropa, theoretische und methodische Ansätze zur Kolonialgeschichte im ost- und ostmitteleuropäischen Kontext sowie preußische Geschichte als Verflechtungsgeschichte.
Dr. Lothar Quinkenstein
Übersetzer polnischer Literatur, Schriftsteller, Hochschullehrer
"Meine Mame hat mir gesungen das polnische Lied" – Betrachtungen zur jüdisch-polnischen Geschichte – aufbereitet mit der Hilfe gelehrter Bücher und zur Erzählung zusammengefügt unter Verwendung der Imagination
Montag, 11. November 2024, 14:15 Uhr, online
"Meine Mame hat mir gesungen das polnische Lied" – Betrachtungen zur jüdisch-polnischen Geschichte – aufbereitet mit der Hilfe gelehrter Bücher und zur Erzählung zusammengefügt unter Verwendung der Imagination
Der Vortrag ist maßgeblich inspiriert durch einen Satz des Historikers Jacob Goldberg (1924-2011): dass es keine polnische Geschichte ohne die jüdische gebe, und keine jüdische Geschichte ohne die polnische. Diese Äußerung führt uns vor Augen, dass das viel zitierte Paradigma der „deutsch-polnischen Beziehungen“ auf schmerzliche Weise unvollständig bliebe ohne die Topographien des Jüdischen. Anhand einer (fiktiven) Familiengeschichte – bewusst als Erzählung konzipiert – möchte ich einen kleinen Überblick geben über mitteleuropäische Konstellationen, die mit ihren Verflechtungen und Mehrschichtigkeiten als typisch angesehen werden dürfen für die kulturellen Räume der alten Rzeczpospolita sowie der Zweiten Polnischen Republik.
Foto: © Agata Koch
Dr. Lothar Quinkenstein, geboren 1967. Übersetzer polnischer Literatur, Schriftsteller, Hochschullehrer. Seit 2017 einer der Übersetzer der Werke von Olga Tokarczuk. 2017 mit dem Jabłonowski-Preis sowie dem Spiegelungen-Preis für Lyrik ausgezeichnet. 2024 erhielt er – zusammen mit Urszula Poprawska – den Karl-Dedecius-Preis. Zuletzt erschienen: Am Tag zuvor, am Tag danach. Essays und Erinnerungen. Edition.fotoTAPETA (2024).
Dr. Agnieszka Wierzcholska
Historikerin, wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas in der Stabstelle Deutsch-Polnisches Haus
Das Deutsch-Polnische Haus entsteht:
Wie erzählt man eine integrierte Geschichte der Besatzung Polens während des Zweiten Weltkriegs?
Montag, 25. November 2024, 18:15 Uhr
Das Deutsch-Polnische Haus entsteht:
Wie erzählt man eine integrierte Geschichte der Besatzung Polens während des Zweiten Weltkriegs?
Das Deutsch-Polnische Haus ist ein erinnerungspolitisches Projekt Deutschlands, das sich den deutsch-polnischen Beziehungen widmet. Im Mittelpunkt steht das Gedenken an alle Opfer der deutschen Besatzung Polens von 1939 bis 1945. Drei thematische Säulen bilden das konzeptionelle Fundament des Projekts: "Gedenken – Begegnen – Verstehen". Hinter diesen Begriffen verbirgt sich ein geplantes Denkmal für die Opfer der Deutschen Besatzung Polens sowie ein Haus mit einer Dauerausstellung zur Geschichte deutsch-polnischer Nachbarschaft und einem Bildungszentrum.
Foto: Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas / Marko Priske
Dr. Agnieszka Wierzcholska forscht zu polnisch-jüdischen Beziehungen, der Shoah, der jiddischen Presse und der deutsch-polnischen Geschichte. Langjährige wissenschaftliche Mitarbeiterin am Osteuropa-Institut der Freien Universität Berlin, später Post-Doc am Deutschen Historischen Institut in Paris, Fellow am Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien in Potsdam. Seit März 2023 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin in der Stabsstelle Deutsch-Polnisches Haus. Ihre Studie Nur Erinnerungen und Steine sind geblieben. Leben und Sterben einer polnisch-jüdischen Stadt, Tarnów 1918–1945 wurde 2019 mit dem Förderpreis des polnischen Botschafters in Deutschland als beste Dissertation ausgezeichnet.
Ramona Bechauf
Deutsches Polen-Institut, Darmstadt
Bilder sagen mehr als 1.000 Worte.
Polnische Erinnerungskultur im Spiegel der Fotografien des Sonderkommandos
Montag, 2. Dezember 2024, 14:15 Uhr, Raum K4, Erdgeschoss, Isaac-Fulda-Allee 2b, 55124 Mainz (Mainzer Polonicum "Am Kisselberg")
Der Gastvortrag kann nach Anmeldung per E-Mail an kowalski@uni-mainz.de bis Freitag vor dem Vortragstermin auch online verfolgt werden.
Bilder sagen mehr als 1.000 Worte.
Polnische Erinnerungskultur im Spiegel der Fotografien des Sonderkommandos
Im Juni 1945 tauchen in einer polnischen Zeitschrift zwei Fotografien aus Auschwitz auf: Es handelt sich nicht wie üblich um Täterfotografien, sondern um die einzigen heimlich von Opferseite angefertigte Aufnahmen aus dem Inneren des Konzentrationslagers Auschwitz und die einzigen, die den Vernichtungsprozess abbilden. In den 1960er Jahren ranken sich abenteuerliche Geschichten um die Entstehung der Fotos und Dawid Szmulewski, der als ihr Fotograf gilt. Ab Mitte der 1970er Jahre verschwindet Szmulewskis Name, für die Entstehung der Bilder interessiert sich zunächst kaum mehr jemand. Das ändert sich 2001, als man sich in Frankreich fragt, ob diese Fotos überhaupt zeigbar seien – eine Debatte, die 2005 zunächst abgeschlossen zu sein schien, um plötzlich 2019 in den Niederlanden wieder zu entbrennen.
Im Vortrag verfolgen wir die Fotografien des Sonderkommandos Auschwitz und betrachten sie im Spiegel der (polnischen) Erinnerungskultur und werden erkennen, dass ein Bild sehr wohl mehr als 1.000 Worte sagt und damit – je nach zeithistorischem Kontext – auch hunderte von Geschichten erzählen kann.
Foto: Martin Liebetruth
Ramona Bechauf, M. A., ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Deutschen Polen-Institut in Darmstadt und Doktorandin am Forschungskolleg "Wissen | Ausstellen". Sie studierte Geschichte, deutschsprachige Literaturwissenschaften und Kulturerbe in Paderborn und Paris mit einem Fokus auf Museumswesen und Denkmalpflege. 2016 war sie im Rahmen eines Stipendiums des Vereins für Geschichte an der Universität Paderborn als Stadtschreiberin tätig. 2017 realisierte sie zusammen mit Jürgen Scheffler die Ausstellung "Gehen oder Bleiben/To Leave or to Stay" im Städtischen Museum Lemgo, die teilweise auf den Ergebnissen ihrer Bachelorarbeit basierte. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Erinnerungskultur, Museologie, historische Fotografie und Wissensgeschichte. In ihrem Dissertationsprojekt beschäftigt sie sich mit den Fotografien des Sonderkommandos in Ausstellungen in Polen und Deutschland
Weitere Informationen und Kontakt:
Dr. Barbara Kowalski
Mainzer Polonicum, JGU Mainz
E-Mail: kowalski@uni-mainz.de
Internet: https://www.slavistik.uni-mainz.de/mainzer-polonicum/