Abels, Prof. Dr. Birgit – Vortragsexposé – Wintersemester 2021/2022

Mainzer Universitätsgespräche
Vom Sinn des Hörens. Natur, Kultur, Kunst

Prof. Dr. Birgit Abels

Professorin für Kulturelle Musikwissenschaft /Musikethnologie, Direktorin des Musikwissenschaftlichen Seminars, Principal Investigator des ERC Projekts "Sound Knowledge: Alternative Epistemologies of Music in Western Pacific Island World", Georg-August-Universität Göttingen

Im Klang begriffen.
Vom Hören als Wissenspraktik und erlebter Wirklichkeit

Dienstag, 1. Februar 2022, 18:15 Uhr
Infos zur Online-Teilnahme unter www.studgen.uni-mainz.de

Der Link zum Livestream wird rechtzeitig vor der Veranstaltung auf www.studgen.uni-mainz.de veröffentlicht.
Der Vortrag wird zudem auch nachträglich als Aufzeichnung zur Verfügung stehen (vorbehaltlich der Zustimmung der Vortragenden).

Hören ist kognitiver Prozess, kulturelle Technik und soziale Praktik, wie die Forschung vielfach gezeigt hat. In meinem Vortrag argumentiere ich, warum es aber darüber hinaus auch lohnend sein kann, Hören und Musikmachen als Wissenspraktiken zu denken. Um diesen Gedankengang zu strukturieren, greife ich auf drei Wörter mit "R" zurück: Relationalität – Resonanz – Ressource. Denn als Wissenspraktik verstanden macht uns das Hören den sozialen Raum, in dem wir uns bewegen, vertrauter, ähnlich der Schall-Navigation eines U-Boots: es zeigt unsere Relationalität, unser in-Beziehung-Stehen, auf. Hierdurch ermöglicht das Hören leibliche Resonanz. Dadurch wiederum erschließt es Möglichkeitsräume mit Ressourcencharakter, die wir, so mein Argument, oftmals ausschließlich hörend aufspüren können. Diese Idee hat ernstzunehmende Konsequenzen, weil sie vorschlägt, nicht nur über Hören und Musikmachen, sondern auch in Hören und Musikmachen nachzudenken; weil sie nahelegt, primär sprachlich verfasstes Wissen um Hörwissen zu ergänzen; und weil sie suggeriert, dass wir im hörenden Wissensprozess vielleicht Krisenbewältigungsstrategien zu finden in der Lage sein könnten, die uns auf keinem anderen Weg zugänglich sind.

Prof. Dr. Birgit Abels ist seit 2011 Universitätsprofessorin für Kulturelle Musikwissenschaft/Musikethnologie an der Georg-August-Universität Göttingen. Sie hat Musikwissenschaft und Arabistik an der Ruhr-Universität Bochum sowie der School of Oriental and African Studies (SOAS) in London studiert. 2008 wurde sie an der Ruhr-Universität Bochum mit einer Arbeit zur traditionellen Musik Palaus (Mikronesien) promoviert. Postdoc-Affiliationen in Malaysia und den Niederlanden (IIAS Leiden, Universität von Amsterdam) schlossen sich an die Promotion an. Ihre zentralen Buchpublikationen schließen die Monographien Sounds of Articulating Identity. Tradition and Transition in the Music of Palau, Micronesia (Berlin 2008; prämiert mit dem ICAS-Preis 2009), The Harmonium in North Indian Music (New Delhi 2010) und Music Worlding in Palau: Changing, Atmospheres, and Meaningfulness (Amsterdam, erscheint 2022) ein, außerdem die Sammelbände Austronesian Soundscapes. Performing Arts in Oceania & Southeast Asia (Amsterdam 2011) und Embracing Restlessness. Cultural Musicology (Hildesheim 2016). Sie ist Chefherausgeberin der Zeitschrift the world of music (new series) und leitet derzeit das ERC-Projekt Sound Knowledge: Alternative Epistemologies of Music in the Western Pacific Island World (2020–2025).