Ringvorlesung der Evangelisch-Theologischen Fakultät "Mythen und Rituale im Christentum" – Weiterführende Lehrveranstaltung zum Themenschwerpunkt des Studium generale – Wintersemester 2021/2022

Communion ǀ Thays Orrico, unsplash.com

Ringvorlesung:
Mythen und Rituale im Christentum

Weiterführende Lehrveranstaltung der Evangelisch-Theologischen Fakultät zum Themenschwerpunkt des Studium generale »Mythen und Rituale – zur Aktualität kultureller Traditionen«

Die Entdeckung des Zusammenhanges zwischen »Mythos« und »Ritus« in der homerischen Dichtung durch Christian Gottlob Heyne (1729–1812) u.a. steht am Beginn religionswissenschaftlicher Forschung. Die antiken Gesellschaften, in denen u.a. das Christentum entstand, kannten praktisch kein »nicht-religiöses« Leben und das hieß: Ein Leben, das von Ritualen geprägt war, die in einem Zusammenhang mit den antiken Auffassungen von Menschen und Göttern standen. Kurz: Ein Leben zwischen Ritus und Weltanschauung, zwischen Ritus und Mythos. Heynes Mythosdefinition – als Gegenbegriff zur fabula entstanden – wurde deshalb so erfolgreich, weil sie die Ernsthaftigkeit der antiken Mythen rehabilitierte. Hatte sich die Aufklärung stets um logische Klarheit bemüht, hatte sich die evangelische Theologie seit dem 17. Jh. vor allen Dingen um begriffliche Präzision gekümmert, so wurde vielen Intellektuellen gegen Ende des 18.Jhs. immer deutlicher, dass sich weder die historischen Religionen und Gesellschaften noch viele zeitgenössische Formen von Religiosität mit diesen Ansätzen zureichend erklären und erfassen ließen. Spätestens mit der französischen Revolution und der tiefgreifenden Kritik an ihren Folgen (vor allem durch deutsche und englische Denker) setzte eine Auseinandersetzung mit den nun positiver gesehenen Mythen als »ursprünglicheren« Formen menschlicher Reflexion ein. In diesem Zusammenhang wurde auch der Begriff des Rituals entdeckt. Bereits Heyne selbst hatte darauf hingewiesen, dass in den antiken Gesellschaften Mythos und Ritual zusammengehörten und dieses »Tandem« prägt bis heute die Grundbestimmung von Ritualen in der Forschung. Grundvoraussetzung für eine angemessene Ritualanalyse ist nach wie vor, dass man ein Symbolsystem nicht ohne das betrachtet, auf das es verweist und vice versa (vgl. Clifford Geertz u.a.). Im Gegensatz zum 19. Jh. wird heute der »positive« Beitrag von Mythos und Ritual zur geistigen Entwicklungsgeschichte der Menschheit nicht mehr darin gesehen, dass beide dem Menschen halfen, ansonsten nicht erklärbare Phänomene und Erfahrungen zu deuten, etwa unberechenbares Wetter, Naturkatastrophen, der unvorhersehbare Lauf der Sonne und der Sterne, Geburt und Tod. Ihre als immer komplexer verstandene Bedeutung für den Umgang mit menschlichen Kontingenzerfahrungen ist Gegenstand umfangreicher religionswissenschaftlicher, historischer, kulturanthropologischer und soziologischer Studien geworden und fast alle theologischen Disziplinen setzen sich heute mit diesen Fragen auseinander.
Die Veranstaltung soll vor diesem Hintergrund mit den unterschiedlichen Perspektiven der Theologie und verwandter Disziplinen auf den Komplex »Mythos und Ritual« blicken und richtet sich an Theologiestudierende genauso wie an Hörerinnen und Hörer aller Fachbereiche (→ Teilnahme-Infos s.u.).

Veranstaltungsflyer als PDF-Datei

→ Ankündigung der Ringvorlesung in Jogustine

Die Vorträge finden in Hörsaal 00-422/T1, Wallstr. 7, 55122 Mainz, statt.
Es gelten die Regeln des Hygienekonzepts der JGU.

Prof. Dr. Ulrich Volp
(Kirchen- und Dogmengeschichte, Schwerpunkt Alte Kirche, JGU Mainz)
Mythos, Ritus, Ritual – eine Einführung
Dienstag, 26. Oktober 2021, 18:15–19:45 Uhr

Prof. Dr. Sebastian Grätz
(Altes Testament, Evangelische Theologie, JGU Mainz)
Alttestamentliche Apokalyptik als zeitlich verorteter Mythos
Dienstag, 2. November 2021, 18:15–19:45 Uhr

Prof. Dr. Ruben Zimmermann
(Neues Testament, Evangelische Theologie, JGU Mainz)
Der Androgynie-Mythos und das dritte Geschlecht?
Antike historische Wurzeln in philosophischen, jüdischen und frühchristlichen Texten und gegenwärtige Relevanz

Dienstag, 9. November 2021, 18:15–19:45 Uhr

Prof. Dr. Michael Roth
(Systematische Theologie und Sozialethik, Evangelische Theologie, JGU)
Verschwörungstheorien, Mythen und Religion
Dienstag, 16. November 2021, 18:15–19:45 Uhr

Prof. Dr. Doris Prechel
(Altorientalische Philologie, Institut für Altertumswissenschaften IAW, JGU Mainz)
Hethitische Rituale
Dienstag, 23. November 2021, 18:15–19:45 Uhr

Prof. Dr. Kristian Fechtner
(Praktische Theologie, Evangelische Theologie, JGU Mainz)
Zur Wahrnehmung und Bedeutung von Ritualen.
Praktisch-theologische und liturgiewissenschaftliche Erwägungen

Dienstag, 30. November 2021, 18:15–19:45 Uhr

Prof. Dr. Volker Küster
(Religionswissenschaft und Missionswissenschaft, Evangelische Theologie, JGU Mainz)
Mythos, Ritus und der ethische Imperativ. Interkulturelle Perspektiven
Dienstag, 07. Dezember 2021, 18:15–19:45 Uhr

Dr. Nicole Straßburger
(Dokumentarin, freie Wirtschaft | ehem. Altes Testament und Biblische Archäologie, Evangelische Theologie, JGU Mainz)
Rituelle Deponierung an Heiligtümern im antiken Israel/Palästina
Dienstag, 14. Dezember 2021, 18:15–19:45 Uhr

Dr. Stefan Michels
(Kirchen- und Dogmengeschichte, Evangelische Theologie JGU Mainz)
»Martin Niemöller – ein Leben in Opposition«(?).
Entmythologisierungsdynamiken am Beispiel einer aktuellen Debatte

Dienstag, 11. Januar 2022, 18:15–19:45 Uhr

Prof. Dr. Esther Kobel
(Neues Testament, Evangelische Theologie, JGU Mainz)
»Wenn ihr nicht esst das Fleisch des Menschensohns, so habt ihr kein Leben in euch.«:
Rituale im Hintergrund von Joh 6.

Dienstag, 18. Januar 2022, 18:15–19:45 Uhr

Prof. Dr. Ulrich Volp
(Kirchen- und Dogmengeschichte, Schwerpunkt Alte Kirche, Evangelische Theologie, JGU Mainz)
Mythos und Ritual: Ein Fazit 200 Jahre nach Heyne
Dienstag, 25. Januar 2022, 18:15–19:45 Uhr

Weitere Infos und Kontakt:
Prof. Dr. Ulrich Volp
Professur für Kirchen- und Dogmengeschichte, Schwerpunkt Alte Kirche, Evangelisch-Theologische Fakultät, JGU Mainz
Telefon +49 6131 39-22749 (Sekretariat)
E-Mail: uvolp@uni-mainz.de
Internet: https://www.ev.theologie.uni-mainz.de/mythen-und-rituale/


Teilnahme-Infos:
Diese Lehrveranstaltungen aus dem Lehrangebot der Fächer richtet sich an im­ma­triku­lierte Studie­rende aller Fach­bereiche. Sie können diese Veranstaltung – außerhalb der Prüfungsordnung Ihres Studiengangs – fächer­übergreifend als zusätzliche und/oder frei­willige Veranstaltungen besuchen. Bitte melden Sie sich über JOGU-StINe an.

Wei­tere Infos zur Teilnahme finden Sie unter unter
Studium generale Informationen zur Anmeldung für Studierende (PDF-Datei)
Für immatrikulierte Studierende der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ist die Teilnahme gebührenfrei.

Hinweis des Zentrums für wissenschaftliche Weiterbildung (ZWW) für Nicht-Studierende zum Besuch von Lehrveranstaltungen:
Alle Personen, die Lehrveranstaltungen aus dem Lehrangebot der Fächer besuchen möchten und nicht zum Personenkreis der ordentlich immatrikulierten Studierenden der Johannes Gutenberg-Universität Mainz gehören, müssen sich beim Zentrum für wissenschaftliche Weiterbildung (ZWW) als Gasthörer*innen registrieren. Das Gasthörerstudium ist gebührenpflichtig, die organisatorische Abwicklung erfolgt ausschließlich über das ZWW. – Weitere Infos und Kontakt: www.zww.uni-mainz.de/gasthoeren