Prof. Dr. Walter Zieglgänsberger · Vortragsexposé · Wintersemester 2009/2010

THEMENSCHWERPUNKT DES STUDIUM GENERALE "SCHMERZ UND SCHMERZFORSCHUNG"


Prof. Dr. Walter Zieglgänsberger (München)

Schmerzgedächtnis und chronischer Schmerz

Dienstag, 2. Februar 2010, 18.15 Uhr, Hörsaal N 1 (Muschel)

Chronischer Schmerz ist kein Symptom einer Krankheit, sondern eine komplexe Erkrankung. Die angstbesetzte Erinnerung an den Schmerz bleibt auch dann bestehen, wenn keine schmerzhaften Signale mehr auf das Nervensystem einwirken. Bei vielen Patienten wird die Angst vor den wiederkehrenden oder den weiter bestehenden Schmerzen übermächtig. Die Lernfähigkeit und enorme Plastizität des menschlichen Gehirns macht es möglich, neue Erfahrungen im Gehirn zu verankern, wodurch alte Erinnerungen allmählich verblassen, wenn sie nicht ständig wieder aufgefrischt werden ("Re-Learning"). Durch eine Therapie, die den Schmerz kontinuierlich unter Kontrolle hält, kann man chronischen Schmerzpatienten die Angst vor der nächsten Attacke nehmen; sie entwickeln Vertrauen in schmerztherapeutische Maßnahmen und erkennen, dass sie diesen Prozess auch durch eigenes Verhalten steuern können. Nach heutigen Erkenntnissen kann eine Modifikation einer dysfunktionalen Kognition nur durch einen multimodalen Therapieansatz zu nachhaltigen Erfolgen führen.

Prof. Dr. Walter Zieglgänsberger studierte von 1961–1967 Humanmedizin in München. Im Rahmen seines Studiums und seiner Promotionsarbeit nutzte er verschiedene Auslandsaufenthalte, um wissenschaftliche und musische Interessen zu vertiefen. Mit einer Promotionsarbeit über dopaminerge Übertragungsmechanismen im extrapyramidalen System machte er seine ersten Gehversuche in der Analyse der interneuronalen Kommunikation im Gehirn von Vertebraten. Nach seiner Approbation als Arzt widmete er sich am Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München zunehmend der neurobiologischen Grundlagenforschung. Nach seiner Habilitation für die Fächer Physiologie und Pharmakologie im Jahr 1976 arbeitete er am AVD Center for Behavioral Neuroscience in La Jolla, Kalifornien. Nach seiner Rückkehr wurde er zum apl. Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität in München ernannt und ist seit 1984 Leiter der Arbeitsgruppe Klinische Neuropharmakologie am Klinischen Institut des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie in München. Zu seinen Hauptarbeitsgebieten zählen molekularbiologische, elektrophysiologische und pharmakologische Aspekte neurohumoraler Übertragungsmechanismen im Zentralnervensystem. Besondere Berücksichtigung finden hier Schmerz- und Suchtforschung.