Öffentliche Vorlesungsreihe – Wintersemester 2024/2025

Mainzer Universitätsgespräche – Interdisziplinäre Kolloquienreihe

Nature/Nurture: Das Zusammenspiel von Genen und Umwelt

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Die Debatte ist alt, aber immer noch aktuell: Sind unsere genetischen Anlagen ("nature") oder Umwelteinflüsse ("nurture") entscheidend für die Entwicklung des Menschen? Heute gehen die meisten Wissenschaftler*innen davon aus, dass es keinen eindeutigen Sieger geben kann. Die Existenz des Menschen scheint gekennzeichnet von einem äußerst komplexen Zusammenspiel von Genen und Umwelt.

Gene tragen die Erbinformationen und damit die Bauanleitung für den menschlichen Körper. Sie bestimmen viele unserer physischen und psychischen Merkmale sowie die zentralen biologischen Prozesse. Sie legen auch die Grundlage für bestimmte Verhaltensweisen und Talente. Doch Gene allein sind nicht ausschlaggebend. Umweltfaktoren spielen eine entscheidende Rolle dabei, wie diese genetischen Anlagen "ausgelesen" werden und sich entfalten.

Umweltfaktoren umfassen eine breite Palette von Einflüssen wie Ernährung, Bildung, soziale Interaktionen und physische Umgebung. Ein genetisch veranlagtes mathematisches, musikalisches oder sportliches Talent kann durch den Zugang z. B. zu Unterricht gefördert oder durch fehlende Möglichkeiten massiv gehemmt werden. Ebenso können Stress und Traumata genetische Prädispositionen für psychische Erkrankungen verstärken oder auslösen.

Ein bedeutender Bereich der Gen-Umwelt-Interaktion ist die Epigenetik, die untersucht, wie Umweltfaktoren die Aktivität unserer Gene beeinflussen können, ohne die DNA-Sequenz zu verändern. Diese Veränderungen können unmittelbare oder auch langfristige Auswirkungen auf Gesundheit und Verhalten eines Individuums haben.

Zahlreiche wissenschaftliche Disziplinen haben es sich zur Aufgabe gemacht, ein besseres Verständnis für das Zusammenspiel von Genen und Umwelt zu entwickeln. Gemeinsam mit Wissenschaftler*innen u. a. aus Biologie, Medizin, Psychologie, Erziehungswissenschaft und Intelligenzforschung wollen wir uns diesem Forschungsfeld nähern.


Sie können die Termine dieser Vorlesungsreihe als ICS-Kalender-Datei (aktualisiert, Stand 13.01.2025) herunterladen.


Konzept und Organisation der Vorlesungsreihe:
Ass. d. L. Sabine Fetzer und Dr. Thomas Vogt


Einführungsvideo zur Vorlesungsreihe:

Bitte klicken Sie auf das Videofenster oder folgen Sie → diesem Link zum Einführungsvideo!


Prof. Dr. André Fischer
Standortsprecher und Gruppenleiter, Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) Göttingen · Professor für Epigenetik neurodegenerativer Erkrankungen, Universitätsmedizin Göttingen
Epigenetik und Gesundheit:
Wie wir unsere Gene beeinflussen können!

Dienstag · 29. Oktober 2024 · 18:15 Uhr · N 1 (Muschel)

Vortragsaufzeichnung

In seinem Vortrag erläutert Prof. André Fischer, wie Umwelteinflüsse und genetische Veranlagungen unsere Gesundheit prägen. Dabei beleuchtet er das Zusammenspiel von Genom und Umwelt, das durch epigenetische Mechanismen gesteuert wird. Anhand praktischer Beispiele, wie etwa der Frage, ob das Verhalten unserer Vorfahren unser Krankheitsrisiko beeinflussen kann, erklärt er die Grundlagen der Epigenetik und deren Bedeutung bei Erkrankungen, insbesondere Hirnerkrankungen wie Alzheimer und Demenz. Zudem wird aufgezeigt, wie solche Prozesse aktiviert werden können, um das Risiko schwerwiegender neurologischer Erkrankungen zu verringern.

Prof. Dr. André Fischer erforscht epigenetische Prozesse bei neurodegenerativen und neuropsychiatri-schen Erkrankungen. Fischer hat als Postdoktorand an der Harvard Medical School und am Massachusetts Institute of Technology (MIT) geforscht, bevor er eine unabhängige Forschungsgruppe am European Neuroscience Institute in Göttingen leitete. Er ist seit 2011 Professor für Epigenetik neurodegenerativer Erkrankungen an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Universitätsmedizin Göttingen und leitet seit 2015 die Abteilung für Systemische Medizin und Epigenetik am Deutschen Zentrum für neurodegenerative Erkrankungen (DZNE). Er ist ebenfalls der Sprecher des DZNE Standorts Göttingen. Sein Fokus auf translationale und klinische Forschung zielt darauf ab, Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung in therapeutische Ansätze umzusetzen und somit die Behandlungsmöglichkeiten für Patienten mit Hirnerkrankungen zu verbessern. Er hat über 200 wissenschaftliche Publikationen verfasst und bedeutende Preise wie den in Europa hochdotierten Preis für Alzheimerforschung, den Hans-und-Ilse-Breuer-Preis oder den Heinz-Maier-Leibnitz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft erhalten. Darüber hinaus engagiert er sich in verschiedenen wissenschaftlichen Gesellschaften und hat zahlreiche Nachwuchswissenschaftler betreut, die erfolgreiche akademische Karrieren eingeschlagen haben. Fischers Forschung hat maßgeblich dazu beigetragen, epigenetische Ansätze zur Behandlung neurodegenerativer Erkrankungen voranzutreiben.


Dr. Holger Bierhoff
Leiter der Arbeitsgruppe Epigenetik des Alterns, Institut für Biochemie und Biophysik, Friedrich-Schiller-Universität Jena
Alt werden ohne zu altern –
Wie hängen Genetik und Epigenetik mit einem langen und gesunden Leben zusammen?

Dienstag · 12. November 2024 · 18:15 Uhr · N 1 (Muschel)

Vortragsaufzeichnung

Wir befinden uns weltweit mitten im demografischen Wandel. Der einerseits erfreuliche Trend, dass Menschen immer älter werden, geht andererseits mit großen gesellschaftlichen Herausforderungen einher. Entsprechend stellt sich die Frage, wie die Lebensqualität als auch die Produktivität der Menschen bis ins hohe Lebensalter erhalten werden kann. Bei der Erforschung der molekularen Ursachen des Alterns hat es in den letzten Jahren gerade auf den Gebieten der Genetik und Epigenetik große Fortschritte gegeben. Diese neuen Erkenntnisse machen Hoffnung, zielgerichtete und wirksame Maßnahmen gegen altersassoziierte Degenerationsprozesse zu entwickeln.
In diesem Vortrag wird der aktuelle Kenntnisstand über die biologische Alterung aus Sicht der Genetik und Epigenetik skizziert. Genetische Manipulationen von Modellorganismen, genomweite Assoziationsstudien sowie Untersuchungen von vererbbaren Erkrankungen mit Alterungssymptomatik, haben Gene mit besonderer Bedeutung für das Altern identifiziert. Dagegen weisen die Beschleunigung der Alterung durch Erosion von Chromatin und die Entdeckung von epigenetischen Lebenszeituhren auf die wichtige Rolle der Epigenetik hin. Entsprechend soll die Frage diskutiert werden, ob Altern gemäß einer "Blame it on my genes"-Einstellung schicksalhaft hingenommen werden muss, oder inwieweit ein gesundes und langes Leben durch einen auf die Epigenetik wirkenden Lebensstil aktiv gefördert werden kann.

Dr. Holger Bierhoff studierte Biologie an der Ruhr-Universität Bochum bevor er 2003 für seine Doktorarbeit an das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg wechselte. Nach seiner Promotion, die sich mit onkogenen Signaltransduktionswegen befasste, verlagerte er den wissenschaftlichen Fokus auf epigenetische Regulationsmechanismen. Seit 2017 leitet er die Forschungsgruppe "Epigenetik des Alterns" am Institut für Biochemie und Biophysik der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Mit seinem Team, das auch mit dem Leibniz-Institut für Alternsforschung – Fritz-Lipmann-Institut (FLI) in Jena assoziiert ist, erforscht er, wie Änderungen in der Genexpression und Chromatinstruktur mit Alterungsprozessen zusammenhängen. Er ist Mitglied in der Deutschen Gesellschaft für Alternsforschung (DGfA) und gehört zur Steuerungsgruppe des IMPULS-Forschungskonsortiums, das die Zusammenhänge von Physiologie und Psychologie bei der biologischen Alterung ergründen möchte.


Der für den 19.11.2024 vorgesehene Vortrag von
Prof. Dr. Sabina Pauen
Professorin für Entwicklungspsychologie und Biologische Psychologie, Universität Heidelberg
Welchen Einfluss haben Biologie und Erfahrung auf die Entwicklung der Geschlechter-Identität in der frühen Kindheit?
muss leider ausfallen!

Aufsatz zur Thematik zum Nachlesen: Sabina Pauen und Miriam Schneider, Der kleine Unterschied. Was macht uns zu Mann oder Frau?, in: Ruperto Carola Forschungsmagazin, Nr. 10 (2017): Frau & Mann, 16–23. – Die komplette Ausgabe des Heftes "Frau & Mann" finden Sie → hier.


Dr. Peter Spork
Biologe und Wissenschaftsautor, Hamburg
Erbe, Umwelt und Vergangenheit.
Warum die Epigenetik den Blick auf Gesundheit verändert

Dienstag · 26. November 2024 · 18:15 Uhr · N 1 (Muschel)

Vortragsaufzeichnung
Die neu im Hörsaal installierte Kamera ließ sich in den ersten sieben Minuten der Veranstaltung nicht steuern. Wir bitten die damit verbundenen Unzulänglichkeiten zu entschuldigen. Tonspur und zugehörige Folien aber sind fehlerfrei.

Noch immer denken die meisten Menschen, Sie seien Ihren Genen und damit dem unbeeinflussbaren Erbe ihrer Eltern und Großeltern hoffnungslos ausgeliefert. Doch die neue Wissenschaft der Epigenetik lehrt: Unsere Gesundheit ist in der Regel keine Frage des Schicksals. Wir sind keine Marionetten unserer Gene!
Die Epigenetik hält eine gute Botschaft bereit: Vergessen Sie so genannte Diabetes-Gene, Unsportlichkeits-Gene, Adipositas-Gene oder Depressions-Gene. Solche Gene gibt es nicht. Volkskrankheiten, Altersleiden und psychische Krankheiten sind in aller Regel keine Erbleiden. Und sie werden deshalb auch nicht vererbt wie zum Beispiel Mukoviszidose, die Augenfarbe oder die Gesichtsform.
Gesundheit ist ein Prozess, der vor unserer Zeugung beginnt und noch bis ins Leben unserer Enkel weiter reicht. Und wir können diesen Prozess ein Stück weit selbst beeinflussen. Gesundheit ist eines der komplexesten Merkmale, die wir kennen – und sie lässt sich deshalb auch nur als systemisches Konstrukt mit Hilfe der Systembiologie erkennen.
Unsere Gesundheit ist nicht das Gegenteil von Krankheit und sie folgt nicht den Mendelschen Gesetzen. Denn sie ist stets das Produkt – nicht die Summe – aus drei untrennbar miteinander verwobenen Faktoren: Dem genetischen Erbe, dem aktuellen Lebensstil und den Umwelteinflüssen aus der Vergangenheit.

Dr. rer. nat. Peter Spork (www.peter-spork.de) ist laut Deutschlandfunk nicht nur "einer der führenden deutschen Wissenschaftsautoren", sondern auch "der Mann, der die Epigenetik populär machte". Er studierte Biologie in Marburg und Hamburg und arbeitet seit 1991 als Wissenschaftsjournalist (Die Zeit, FAZ, SZ, NZZ, Geo, bild der wissenschaft, RiffReporter). Spork ist Autor mehrerer Sachbücher, die in mehr als zehn Sprachen übersetzt wurden, und veröffentlicht einen erfolgreichen Newsletter (Sporks Science News: www.riffreporter.de/de/wissen/erbe-umwelt-news-newsletter-riffreporter-magazin).
Sein Buch Der zweite Code ist das erste populärwissenschaftliche Sachbuch über Epigenetik. Im Spiegel-Bestseller Gesundheit ist kein Zufall (nominiert als Wissensbuch 2017 und Wissenschaftsbuch 2018) schildert er, wie die neuen Erkenntnisse der Epigenetik unseren Blick auf Gesundheit verändern. Im aktuellen Buch Die Vermessung des Lebens entführt er in die Welt der Systembiologie. Zudem tritt Spork seit Jahren regelmäßig als Festredner, Keynote-Speaker oder als Gesprächspartner im TV und Radio auf.


Prof. Dr. Frank M. Spinath
Professor für Differentielle Psychologie und Psychologische Diagnostik, Fachrichtung Psychologie, Universität des Saarlandes, Saarbrücken · Principal Investigator der Studie "TwinLife"
Anlage und Umwelt:
Was Zwillingsstudien uns über die Entstehung individueller Unterschiede verraten

Dienstag · 3. Dezember 2024 · 18:15 Uhr · N 1 (Muschel)

Vortragsaufzeichnung

Stellen Sie sich vor, Sie haben einen Doppelgänger: Er sieht ähnlich aus wie Sie, besitzt ähnliche Vorlieben und Abneigungen und gleicht Ihnen auch sonst in vielen Belangen. Für viele Zwillinge ist dies ein Teil ihrer Lebensrealität. Verhaltensgenetikern bietet es hingegen die Möglichkeit, Ursachen für die Entstehung von Unterschieden zwischen Menschen zu untersuchen. Besonders häufig werden im Zuge dieses Forschungsansatzes ein- und zweieiige Zwillinge verglichen, da diese sich zwar in ihrer genetischen Ähnlichkeit systematisch unterscheiden, in der Regel aber gemeinsam aufwachsen. Der Vortrag gibt einen Einblick in die Methodik der Zwillingsforschung, stellt beispielhaft einschlägige Ergebnisse aus Zwillingsstudien vor und ordnet diese ein in den Kanon aktueller molekular- und epigenetischer Arbeiten, welche im Rahmen der Vortragsreihe "Nature/Nurture" an anderer Stelle vertieft werden. Darüber hinaus werden Irrtümer und Fehlinterpretationen angesprochen. Denn was heißt es eigentlich genau, wenn Wissenschaftler sagen, ein Merkmal sei "erblich"? Und was verraten uns Zwillingsstudien über das Zusammenwirken von genetischen Einflüssen und Umweltfaktoren? Das Zwillingsphänomen fasziniert jedoch nicht zuletzt deshalb, weil es unser Verständnis von Individualität, Entscheidungshoheit und Veränderbarkeit herausfordert. Stellen Sie sich vor, Sie erfahren von einem "Doppelgänger". Würden Sie ihn kennenlernen wollen?

Prof. Dr. Frank M. Spinath (*1969) ist Inhaber des Lehrstuhls für Differentielle Psychologie und Psychologische Diagnostik an der Universität des Saarlandes (UdS). Seit 30 Jahren beschäftigt er sich mit Zwillingsforschung. Seine Forschungsthemen umfassen u. a. die Bereiche Intelligenz, Persönlichkeit und Bildungserfolg sowie innovative Methoden zur Intelligenzmessung. Im Jahr 2001 arbeitete Spinath am "Social, Genetic, Developmental Psychiatry Research Centre" des Institute of Psychiatry (London, UK) mit Robert Plomin, einem der weltweit führenden Verhaltensgenetiker. Im Jahr 2004 folgten der Ruf an die Universität des Saarlandes sowie Auszeichnungen wie etwa der "Fuller & Scott Memorial Award" der Behavior Genetics Association (BGA).
Spinath ist Autor und Co-Autor von mehr als 200 wissenschaftlichen Publikationen in nationalen und internationalen Fachzeitschriften sowie Fach- und Lehrbüchern. Als Mitinitiator und wissenschaftlicher Leiter der seit 2013 im Langfristprogramm der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Zwillings-Familienstudie "Twin-Life" untersucht er mit Kolleginnen und Kollegen aus Soziologie, Psychologie, Human- und Epigenetik die Entwicklung von Lebenschancen und sozialer Ungleichheit.


Prof. Dr. Anna-Lena Schubert
Professorin für Analyse und Modellierung komplexer Daten, Psychologisches Institut, Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Bildung, Lebensstil und Gene:
Welchen Einfluss haben sie auf die Intelligenzentwicklung über die Lebensspanne?

Dienstag · 10. Dezember 2024 · 18:15 Uhr · N 1 (Muschel)
Aufgrund eines Serverproblems können wir für diesen Vortrag leider keine Aufzeichnung anbieten. Wir bedauern dies sehr!

Denkbar – Anna-Lena Schuberts Podcast bietet spannende Einblicke in die Welt der Intelligenz
Informationen zur "Netzwerkstudie" im Bereich Intelligenzforschung, durchgeführt am Psychologischen Institut der JGU Mainz

Stellen Sie sich vor, Ihre kognitiven Fähigkeiten wären ein flexibles Zusammenspiel aus Bildung, Lebensstil und genetischen Voraussetzungen. Welche Faktoren fördern die Entwicklung und Veränderbarkeit der Intelligenz – und wie können wir unsere geistige Leistungsfähigkeit im Alter erhalten? Der Vortrag beleuchtet aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse zur Intelligenzförderung und hinterfragt kritisch den Nutzen von kognitivem Training wie "Brain Games" oder gezielten Nahrungsergänzungsmitteln. Welche Rolle spielen Ernährung, Schlaf, Bewegung und Bildung? Und was kann die Forschung über die Grenzen und Potenziale solcher Interventionen verraten? Und welche Möglichkeiten haben wir überhaupt, unsere kognitiven Fähigkeiten zu verändern, wenn sie doch stark erblich bedingt sind? Der Vortrag diskutiert evidenzbasiert Möglichkeiten, Grenzen und Mythen rund um das Thema Intelligenzförderung und regt zum Nachdenken über die Wechselwirkungen zwischen Umwelt, Verhalten und genetischen Grundlagen an.

Prof. Dr. Anna-Lena Schubert beschäftigt sich in ihrer Forschung mit der Frage, welche neuronalen und kognitiven Mechanismen Intelligenzunterschieden zugrunde liegen. Sie studierte Psychologie an der Ruprechts-Karls Universität Heidelberg, wo sie im Anschluss an ihr Studium zum Zusammenhang zwischen Verarbeitungsgeschwindigkeit und Intelligenz promovierte. Seit 2021 ist sie Professorin für Analyse und Modellierung komplexer Daten am Psychologischen Institut der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. In ihrer Forschung untersucht sie, welche elementaren Prozesse Intelligenzunterschieden zugrunde liegen und wie sich grundlagenwissenschaftliche Erkenntnisse nutzen lassen, um Interventionen zur kognitiven Leistungssteigerung im jungen Erwachsenenalter bzw. zum Erhalt kognitiver Ressourcen im höheren Lebensalter zu entwickeln. Ihre Arbeiten zu den neurokognitiven Grundlagen der Intelligenz wurden mit dem Richard J. Haier Prize for Neuroscience Studies of Intelligence der International Society of Intelligence Research (ISIR) ausgezeichnet. Darüber hinaus betreibt sie einen laienverständlichen Wissenschaftspodcast "Denkbar" über Intelligenz (https://denkbar.letscast.fm/).


Prof. Dr. Till Kössler
Professor für Historische Erziehungswissenschaft, Institut für Pädagogik, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Nature versus Nurture:
Zur Geschichte der Anlage-Umwelt-Debatte

Dienstag · 17. Dezember 2024 · 18:15 Uhr · N 1 (Muschel)

Vortragsaufzeichnung

Seit der Aufklärung ist das Begriffspaar Gleichheit-Ungleichheit ein Schlüsselkonzept der modernen Gesellschaft. Mit der Geburt der Soziologie im späten 19. Jahrhundert trat die Unterscheidung zwischen sozialer und biologischer Ungleichheit auf neue Weise in den Vordergrund. Im Zusammenhang damit erlangten die Konzepte Anlage und Umwelt herausragende Bedeutung. 1874 veröffentlichte der britische Forscher Francis Galton sein Traktat über English Men of Science. Their Nature and Nurture und lieferte damit die Schlüsselvokabeln einer bis heute anhaltenden Debatte: Wie hängen natürliche und soziale Ungleichheit zusammen? Inwieweit sind die bestehenden individuellen und soziale Ungleichheiten veränderbar bzw. inwieweit ist eine solche Veränderung überhaupt wünschenswert? Der Vortrag verfolgt die Geschichte der Anlage-Umwelt-Debatte von ihrer Entstehung im 19. Jahrhundert bis in die jüngere Vergangenheit und fragt nach ihrem Einfluss und Wandel: Lässt sich nach einer Hochzeit des Anlage-Denkens im Nationalsozialismus nach dem Zweiten Weltkrieg eine Verschiebung von "Anlage" zu "Umwelt" feststellen? Eine besondere Aufmerksamkeit wird auf den Themen Kriminalität sowie der Geschichte der Intelligenz- und Begabungsdebatte liegen.

Prof. Dr. Till Kössler ist Professor für Historische Erziehungswissenschaft an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Zuvor war er als Professor für die Sozialgeschichte des Aufwachsens und Erziehung an der Ruhr-Universität Bochum tätig. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der Geschichte von Kindheit und Aufwachsen, der historischen Bildungsforschung und der der spanischen Zeitgeschichte. Zu seinen Veröffentlichungen zählen: Kinder der Demokratie. Religiöse Erziehung und urbane Moderne in Spanien, 1890–1939 (2013); Vererbung oder Umwelt? Ungleichheit zwischen Natur und Gesellschaft seit 1945, Göttingen: Wallstein 2016 (zs. mit Constantin Goschler); Brandspuren. Das vereinte Deutschland und die rechte Gewalt der frühen 1990er-Jahre (2023, zs. mit Janosch Steuwer).


Prof. Dr. Mathias Heikenwälder
Wissenschaftlicher Direktor, M3 Forschungszentrum für Malignom, Metabolom und Mikrobiom, Universitätsklinikum Tübingen · Professor und Forschungsgruppenleiter am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ), Heidelberg
Chronische Entzündung, fehlgeleiteter Metabolismus und Krebs: Wie Lifestyle unsere Genexpression und Ansprechen auf Therapien verändert
Dienstag · 21. Januar 2025 · 18:15 Uhr · N 1 (Muschel)

Vortragsaufzeichnung

Die letzten Jahrzehnte intensiver Forschung haben uns Vieles über Krebserkrankungen und ihre Ursachen gelehrt. Wir wissen heute, dass Krebserkrankungen und der gesamte Alterungsprozess unweigerlich miteinander verknüpft sind. Und wir haben verstanden, dass wir sowohl die Entstehung von Krebserkrankungen als auch den Alterungsprozess auf die gleiche Weise verlangsamen können. Klassische Karzinogene spielen dabei nach wie vor eine wichtige Rolle, aber sie sind nur der Samen, aus dem eine Krebserkrankung hervorgehen kann. Ohne einen Nährboden aus krebsfördernden Lebensgewohnheiten, Umwelteinflüssen und Begleiterkrankungen können nur die wenigsten Krebserkrankungen entstehen. Das gefährliche Zusammenspiel von genetischen Mutationen, chronischer Entzündung, fehlgeleitetem Metabolismus und mächtigen (direkten und indirekten) Krebsförderern ist der Grund, weshalb wir die Entstehung nahezu aller Krebserkrankungen durch unseren Lebensstil beeinflussen können. (REF: Der moderne Krebs – Lifestyle und Umweltfaktoren als Risiko (Heikenwälder H und Heikenwälder M.; Springer 2023).

Prof. Dr. Mathias Heikenwälder ist ausgebildeter Molekularbiologe mit Fachkenntnissen in Immunologie und einer starken Verbindung zur translationalen Forschung, die durch 10 Jahre Arbeit und Expertise in einer pathologischen Einrichtung (Klinische Pathologie, Universitätsspital Zürich) hervorgerufen wurde. Seit Oktober 2015 ist er Abteilungsleiter am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg und konzentriert sich auf den Zusammenhang zwischen chronischer Entzündung und Krebs. Seit Oktober 2022 ist er Direktor des M3-Forschungszentrums der Universität Tübingen. Prof. Heikenwälder veröffentlicht seine Arbeiten in hochrangigen Fachzeitschriften und hat sich als internationaler Spitzenforscher auf dem Gebiet des Leberkrebses etabliert. Mathias Heikenwälder ist der am dritthäufigsten zitierte deutschsprachige Forscher im Bereich der Zellbiologie der letzten Jahre und war einer der Highly Cited Researchers (Cross Fields) (Web of Science Group) in den Jahren 2019–2023. Seine Publikationen wurden nicht nur von der Forschungsgemeinschaft häufig zitiert, sie haben auch die Fettleber- und Leberkrebsforschung in neue Richtungen gelenkt – relevant für die tägliche Behandlung von Patienten mit Fettleber oder Leberkrebs.


Achtung, der für den 04.02.2025 vorgesehene Vortrag von
Prof. Dr. Jenny Wagner
Professorin für Pädagogische Psychologie und Persönlichkeitsentwicklung, Institut für Psychologie, Universität Hamburg
Wer schreibt unsere Lebensgeschichte?
Trends, Einflussfaktoren und Auswirkungen von Persönlichkeitsentwicklung

muss leider ausfallen!!!


Öffentliche Vorlesungsreihe:
Die Vorlesungsreihe "Nature/Nurture: Das Zusammenspiel von Genen und Umwelt" ist öffentlich und richtet sich an alle Interessierten. Die Vorträge finden in der Regel als Präsenzveranstaltungen im Hörsaal N 1 in der "Muschel", Johann Joachim-Becher-Weg 23, statt.

Aufzeichnung:
Die Beiträge werden (vorbehaltlich der Zustimmung der Vortragenden) auch aufgezeichnet und sollen allen Interessierten auch nachträglich zugänglich sein. Einen Livestream gibt es bei den Präsenzveranstaltungen nicht. Die Links zu den Aufzeichnungen werden in der Regel einen Tag nach der Veranstaltung auf dieser Seite veröffentlicht.

Einfahrt auf den Campus:
Für Gäste gibt es ein Freikontingent von 30 Stunden pro Jahr für die Einfahrt mit dem PKW auf den Campus. Anhand der Kennzeichenerkennung bei Ein- und Ausfahrt wird die Verweildauer auf dem Campus automatisch ermittelt und abgerechnet. Mehr erfahren

Bildnachweis:
Group of babies (Ausschnitt). Moodboard, stock.adobe.com