VORTRÄGE IN DER MUSIKWISSENSCHAFT
Vortragsreihe des Musikwissenschaftlichen Instituts
zum Themenschwerpunkt des Studium generale
»ZUFALL – SCHICKSAL – NOTWENDIGKEIT«
Anne do Paço, M. A. (Mainz)
Macht des Schicksals?
Fatum, Zufall, Notwendigkeit oder menschliches Versagen im Opernschaffen Giuseppe Verdis
Donnerstag, 16. Juni 2005, 19.00 Uhr
Hörsaal des Musikwissenschaftl. Instituts (Philosophicum, linker Vorbau)
Alvaro: »Schwer ruht auf mir die Macht des Schicksals! Vergebens ersehn ich mein Ende! Sevilla! Leonora! Welche Erinnerung! O Nacht,
die alles Glück mir entrissen! Mich hat verflucht die Macht des Schicksals auf ewig!« (Giuseppe Verdi: La forza del destino, III/1)
Nirgends in Giuseppe Verdis Opern können die handelnden Personen ihr Glück ungestört beginnen und sicher ausleben, immer sind sie mit Situationen und Forderungen konfrontiert, die ihre Wünsche zerstören. Kollektive wie individuelle Wertvorstellungen sind meist mit ihren jeweiligen Gegensätzen gekoppelt: Friede mit Kampf, Macht mit Auflehnung, nationale Freiheit und Einheit mit politischem Zerwürfnis und Unterdrückung. Der Durchsetzungsfähigkeit steht das persönliche Scheitern gegenüber, der persönlichen Freiheit Gefangenschaft oder Verbannung, der Ehre Schande, der Liebe die versagte Erfüllung oder gar Untreue, der Gerechtigkeit Ungerechtigkeit, der sozialen Anerkennung Ausgrenzung. – Wie Werte, Gefühle, Beziehungen und nicht zuletzt Menschen in Verdis meist tödlich endenden Opern zerbrechen, wird von seinen Protagonisten irrtümlicher Weise immer wieder für »die Macht des Schicksals« gehalten – für das Nicht-zu-Ändernde, Unentrinnbare, Zwingende. Doch: handelt es sich wirklich um eine abstrakte Macht, die Verdis Figuren in Verstrickungen und Befreiungsversuche – letztlich aber fast immer in die Katastrophe – treiben, oder ist es nicht vielmehr die Übermacht gesellschaftlicher, politischer und sozialer Systeme, gegenüber denen dem Einzelnen die innere Freiheit fehlt, sich zur Wehr zu setzen?
Unter dem Thema »Macht des Schicksals?« möchte der Vortrag zu einer Art Spurensuche durch Verdis Opernschaffen einladen, die aufzeigt, welche Rolle Grundmotive wie Fatum, Zufall, Notwendigkeit oder schlicht menschliches Versagen nicht nur für die Protagonisten, sondern auch für Verdis Opern-Dramaturgie spielen.
Anne do Paço, geboren in Mainz. Von 1990 bis 1996 Studium der Musikwissenschaft, Germanistik und Kunstgeschichte an der Freien Universität Berlin. Nach mehreren Regie-Hospitanzen und freien Mitarbeiten im Orchestermanagement seit der Spielzeit 1995/96 Musikdramaturgin sowie Persönliche Referentin des/der Generalmusikdirektors/in am Staatstheater Mainz. Daneben Lehraufträge, u. a. im SS 2004 am Musikwissenschaftlichen Institut der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Als Autorin Mitarbeit u. a. am Lexikon der Oper (Laaber 2002), an Knaurs Großem Opernführer (München 1999), Richard Strauss und die Moderne (München 1999), zahlreiche Programmheftbeiträge und Komponistenporträts u. a. für die Münchner Philharmoniker, Dresdner Philharmoniker, Royal Stockholm Philharmonic Orchestra, Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen, Wiener Akademie, Camerata Salzburg, Konzerthaus Dortmund, Theater Dortmund, Staatstheater Mainz, ballettmainz.
Nächster Vortrag in dieser Reihe:
Dr. Christoph Hust (Mainz)
Die ›Komponiermaschine‹ von Athanasius Kircher
Donnerstag, 30. Juni 2005, 19.00 Uhr, Hörsaal des Musikwissenschaftlichen Instituts