1968 TRANSNATIONAL Ringvorlesung mit dem Historischen Seminar
Boris Kanzleiter
Berlin
1968 in Jugoslawien – Studentischer Protest zwischen Ost und West
Donnerstag, 10. Juli 2008, 18.15 Uhr, Hörsaal N 3 (Muschel)
„1968“ war eine globale Bewegung. Aber trotz aller transnationalen Bezüge waren die Ereignisse in den einzelnen Ländern wesentlich auch von lokalen Charakteristiken geprägt. In Jugoslawien handelt es sich dabei um zwei Besonderheiten: Erstens handelte es sich bei der Studentenbewegung um einen Protest zwischen Ost und West. Das Gesellschaftssystem Jugoslawiens zeichnete sich nach dem Bruch mit der Sowjetunion 1948 durch ein Zusammenspiel von Offenheit und Abgrenzung nach beiden Seiten des Eisernen Vorhangs aus. Das widerspiegelte sich auch in der Studentenbewegung, die Elemente des Protestes in den staatssozialistischen Ländern (Polen, CSSR) und den westlichen Ländern bewusst integrierte. Die zweite Besonderheit des jugoslawischen „1968“ bestand in der affirmativen Haltung der Protestbewegung zu den herrschenden ideologischen Grundlagen des Gesellschaftsmodells. Die Sprengkraft des Protestes bestand in der Forderung, die Versprechungen der jugoslawischen Kommunisten auf eine radikaldemokratische (Arbeiter)-Selbstverwaltung und einen „Dritten Weg“ jenseits von Stalinismus und Kapitalismus in die Praxis umzusetzen.
Boris Kanzleiter: Studium der Geschichte und Literatur an der FU Berlin und des Escuela Nacional de Antropologia e Historia (ENAH) in Mexiko-Stadt. Berufstätigkeit als Journalist, Redakteur und in der Erwachsenenbildung. Langjähriger Aufenthalt in Belgrad. Derzeit Promotion zum Thema „1968 in Jugoslawien“ am Osteuropa Institut der FU Berlin am Lehrstuhl von Prof. Dr. Sundhaussen mit einem Stipendium der Hans Böckler Stiftung.
Publikation zum Thema:
Boris Kanzleiter/ Krunoslav Stojakovic: 1968 in Jugoslawien. Studentenproteste und kulturelle Avantgarde zwischen 1960 und 1975. Gespräche und Dokumente, Bonn 2008 (Dietz Verlag J.H.W. Nachf.)