Dr. Andrea Korenjak – Vortragsexposé – Sommersemester 2008

Das Musikwissenschaftliche Institut und das Studium generale laden zu folgendem Vortrag ein:

Dr. Andrea Korenjak
Salzburg/Wien

Der Tarantismus. Musik- und medizinhistorische Annäherungen an ein komplexes kulturelles Phänomen

Mittwoch, 28. Mai 2008, 14.15 Uhr, Hörsaal des Musikwissenschaftlichen Instituts 01-153 (Philosophicum, linker Vorbau)

An der Wende zwischen Mittelalter und Neuzeit breitet sich vom süditalienischen Apulien hervorgehend eine Tanzerscheinung aus, die sich bis ins späte 17. und frühe 18. Jahrhundert verfolgen lässt: der Tarantismus. Volksglaube und ärztliche Berichte vermuten den Ausbruch der Tanzkrankheit durch den Biss einer in Süditalien häufig vorkommenden Spinne, der Tarantel (Lycosa tarentula), verursacht. Erste medizinische Beschreibungen des Phänomens finden sich am Ende des 15. Jahrhunderts, wobei das Krankheitsbild neben körperlichen Beschwerden auch mit Melancholie und einem sehr starken und sinnlich gefärbten Bewegungsdrang einhergehend beschrieben wird. Als therapeutisches Mittel wird den Kranken – die bereits im 15. und 16. Jahrhundert „tarantati“ genannt werden – Tanzmusik („Tarantella“) vorgetragen, um die Betroffenen vorwiegend zum Tanz zu zwingen. Andrea Korenjak wird sich diesem Phänomen anhand von musik- und medizinhistorischen sowie psychologischen Aspekten annähern, wobei sie auch überlieferte Tarantella-Notationen dieser Zeit anhand von Aufnahmen mit historischen Instrumenten zu Gehör bringen wird. Am Ende wird als besonderes Filmdokument „La taranta“ (1962 / ca. 20 Minuten) von GIANFRANCO MINGOZZI gezeigt, wobei Andrea Korenjak den unterlegten Kommentar von SALVATORE QUASIMODO simultan aus dem Italienischen übersetzen wird.

Dr. Andrea Korenjak, geb. 1974 in Klagenfurt, Studien der Psychologie, Musikwissenschaft und Querflöte in Klagenfurt, Triest und Salzburg, ist seit 2007 APART-Stipendiatin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (Austrian Programme for Advanced Research and Technology) und Lehrbeauftragte an der Abteilung für Musikwissenschaft der Universität Mozarteum Salzburg. Gegenwärtig arbeitet sie an einer Erweiterung und Herausgabe ihrer Studie „Musik als Heilkunst – Eine vergleichende Kulturgeschichte musikalischen Heilens, reflektiert an Therapiekonzepten der Gegenwart“ (Diss., Universität Mozarteum Salzburg 2003).