Das Institut für Kunstgeschichte AB Christliche Archäologie und Byzantinische Kunstgeschichte und das Studium generale laden zu folgendem Vortrag ein:
Dr. Andreas Pülz (Wien)
Das sogenannte Lukasgrab in Ephesos
Mittwoch, 11. Juli 2007, 18.15 Uhr
Hörsaal des Instituts für Kunstgeschichte (Binger Str. 26)
Als Entdecker und erster Ausgräber des Monuments südöstlich des Staatsmarkts von Ephesos gilt J. T. Wood. Dieser war 1865 auf den Bau aufmerksam geworden, als er über einen Marmorpilaster mit der Darstellung eines Stieres mit eingemeißeltem Kreuz über dem Buckel stolperte. Aufgrund der kreisrunden Form des Gebäudes interpretierte Wood den Bau schließlich als Grabbau, wobei er in Anlehnung an die Johannes-Apokalypse und an die Vision des Ezechiel eine Deutung als Grab des Evangelisten Lukas vorschlug. Dieser soll gegen Ende des 3. oder zu Beginn des 4. Jhs. in diesen neu errichteten Rundbau umgebettet worden sein. Dagegen hielten namhafte Forscher des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jhs. eine Interpretation als römischer Podiumstempel, als Heroon oder auch als Bau rein epideiktischen Charakters für wahrscheinlich.
Von 1997 bis 2004 wurden nach fast 100-jähriger Forschungspause Nachuntersuchungen am Bau vorgenommen. Sie konnten keine der bisherigen Datierungs- und Rekonstruktionsvorschläge oder auch Funktionsbestimmungen bestätigen. Im Vortrag sollen die zahlreichen neuen Erkenntnisse zum kaiserzeitlichen Monument, das in frühbyzantinischer Zeit in eine Kircheanlage umgewandelt worden ist, im Einzelnen vorgestellt werden.
Dr. Andreas Pülz: Studium der evangelischen Theologie (Wien und Zürich) und Klassischen Archäologie sowie Alten Geschichte (Wien). 1992 Promotion mit der Arbeit: Die frühchristlichen Baptisterien Bosniens und der Herzegowina liturgiegeschichtlich untersucht. Seit 1991 Grabungteilnahmen in Limyra/Lykien (Kirche beim Ptolemaion), seit 1995 Grabungsteilnahmen in Ephesos (Lukasgrab, byzantinischer Palast, byzantinische Wohnstadt), seit 1997 Mitarbeiter des Instituts für Kulturgeschichte der Antike der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.
Literatur: J.T. WOOD, Discoveries at Ephesus (reprint 1975) 56–59; G. WEBER, Un monument circulaire à Éphèse ou prétendu tombeau de Saint Luc. RA 17, 1891, 36–48; R. HEBERDEY, Vorläufiger Bericht über die Grabungen in Ephesos. ÖJh 15 (1912) Beibl. 177–179; A. PÜLZ, La cosiddetta tomba di Luca ad Efeso con speciale riguardo al periodo paleobizantino, in: VIII Simposio su S. Giovanni Apostolo 2000 (2001) 255–274; A. PÜLZ, Das sog. Lukasgrab in Ephesos. Ein Vorbericht der Nachuntersuchungen 1997–2000, MiChA 7 (2001) 9–25; A. PÜLZ, Das frühbyzantinische Ephesos. Ergebnisse der aktuellen Forschungsprojekte: Sog. Lukasgrab, in: G. HEEDEMANN – E. WINTER (Hrsg.), Akten des Kolloquiums: Aktuelle Forschungen zur Religionsgeschichte Kleinasiens, Asia Minor Studien 49 (2003) 149–157.