Dr. Hans-Christian Petersen – Vortragsexposé

1968 TRANSNATIONAL
Ringvorlesung mit dem Historischen Seminar

Dr. Hans-Christian Petersen
Mainz

»1968 Ost« versus »1968 West«?
Das Beispiel Polen

Donnerstag, 12. Juni 2008, 18.15 Uhr, Hörsaal N 3 (Muschel)

Das Jahr 1968 polarisiert bis heute. Dies gilt nicht nur für die politische Deutungshoheit im Zuge der Historisierung, sondern auch in einem geographischen Sinn: Nach wie vor dominiert das Bild fundamental unterschiedlicher Entwicklungen in „Ost“ und „West“, „68“ in Prag oder Warschau erscheint teilweise geradezu als Gegenerzählung zu den Protesten in Westeuropa. Der Vortrag wird diese Sichtweise am Beispiel des polnischen Jahres 1968 hinterfragen und den Blick neben den Unterschieden auf die gemeinsamen Schnittmengen richten. So wurde auch in Polen die Kritik am herrschenden System zumeist von links geübt, unter dem Leitbild eines „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“. Zudem entwickelte sich nicht nur in Woodstock und San Francisco eine Hippiebewegung, sondern auch jenseits des „Eisernen Vorhangs“ hielten psychedelische Musik, Drogenexperimente und Batikgewänder Einzug. Ein weiterer Punkt, der nicht an den Systemgrenzen Halt machte, war der Umstand, dass „68“ vor allem eine Revolte der jungen Generation war. Anhand dieser und weiterer Felder soll der Versuch unternommen werden, den polnischen März 1968 zwischen gesamtnationalem Ereignis und transnationaler Bewegung zu verorten.

Hans-Christian Petersen: Dr. phil, geb. 1972, Studium der Osteuropäischen Geschichte, Slavistik und Politikwissenschaft in Kiel und Kaliningrad. 2002 bis 2003 Stipendiat der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius Hamburg. Seit 2003 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Historischen Seminar der Johannes Guten¬berg-Universität Mainz, Abteilung für Osteuropäische Geschichte. Arbeitsschwerpunkte in Forschung und Lehre: Deutsch-polnisch-russische Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts; Wissenschaftsgeschichte; Geschichte und Theorie der Biographik.

Veröffentlichungen:
Ostforschung – Bevölkerungsökonomie – Politik. Eine biographische Studie zu Peter-Heinz Seraphim (1902-1979), Osnabrück 2007; Hg. mit Jan Kusber: Neuanfang im Westen. 60 Jahre Osteuropaforschung in Mainz, Stuttgart 2007; Hg. mit Hans-Werner Prahl und Sönke Zankel: Uni-Formierung des Geistes: Universität Kiel und der Nationalsozialismus, Band 2, Kiel 2007; „1968 West“ versus „1968 Ost“? Der polnische März 1968 zwischen gesamtnationalem Ereignis und transnationaler Bewegung, in: Osteuropa 07/2008 (erscheint im Juli dieses Jahres).

Nächster Vortrag dieser Reihe:
Prof. Dr. Michael Kißener (Historisches Seminar, Universität Mainz)
1968 lokal und regional: Über Probleme und Perspektiven einer regionalen Untersuchung der Studentenunruhen um 1968
Donnerstag, 19. Juni 2008, 18.15 Uhr, Hörsaal N 3 (Muschel)