THEMENSCHWERPUNKT DES STUDIUM GENERALE
"MODELL UND WIRKLICHKEIT IN DER WISSENSCHAFT"
Dr. Johann Feichter
(Max-Planck-Institut für Meteorologie, Hamburg)
Modell und Wirklichkeit in der Klimaforschung
Dienstag, 20. November 2012, 18:15 Uhr, N 1 (Muschel)
Computermodelle spielen in der modernen Klimaforschung eine zunehmend wichtige Rolle. Sie stellen das Labor der Geowissenschaften dar und folgerichtig werden Computersimulationen häufig als Experimente bzw. in-silico Experimente bezeichnet. Klimaforscher "browsen" durch die virtuelle Welt der Klimamodelle und stellen Fragen an das Klimasystem, die mithilfe von Simulationen beantwortet werden. Die Annahme dabei ist, dass sich die Modellwelt ähnlich zur realen Welt verhält. Eine Annahme, die der Überprüfung bedarf. Allerdings ist die in den Naturwissenschaften übliche Methode, Hypothesen, die mithilfe der Theorie aufgestellt wurden, am Experiment zu überprüfen, nur bei einfachen, idealisierten Fällen möglich, nicht aber bei einem System, das so komplex ist wie das Klima. Es galt also, neue Techniken der Evaluation komplexer Systeme zu entwickeln. Im Vortrag wird kurz auf die wesentlichen Elemente von Klimamodellen sowie deren Entwicklung eingegangen. Weiters wird die Frage gestellt "Was können wir über das gegenwärtige Klima und über vergangene Klimata wissen?" bzw. "welche Daten stehen uns zur Verfügung, um Klimamodellergebnisse zu evaluieren?". Verschiedene Strategien werden anhand der im Rahmen der IPCC-Sachstandsberichte durchgeführten Evaluierung von Klimamodellen vorgestellt und bewertet. Abschließend wird die Frage angesprochen, welche Auswirkungen der Übergang zu einer e-Wissenschaft sowie die Politikberatung durch Klimawissenschaftler auf die Klimaforschung haben könnten.
Johann Feichter, geb. 1949, war Leiter der Arbeitsgruppe "Aerosole, Wolken, Klima" am Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg. Nach dem Studium der Meteorologie an der Universität Innsbruck arbeitete er in der Arbeitsgruppe von Herrn Prof. Crutzen am MPI für Chemie in Mainz an der Entwicklung eines globalen numerischen Modells zum Studium von Spurenstofftransporten in der Atmosphäre. Anschließend begann er, am meteorologischen Institut der Universität Hamburg an der Entwicklung des Hamburger Klimamodells mitzuarbeiten, und beschäftigt sich seit seinem Wechsel im Jahre 1993 an das MPI für Meteorologie mit der Klimawirkung von natürlichem und anthropogenem Aerosol. Dr. Feichter war Lead Author beim dritten Sachstandsberichts des IPCC und beitragender Autor und Gutachter beim vierten Bericht. Im April 2011 veröffentlichte er beim Springer-Verlag zusammen mit der Wissenschaftsphilosophin Gabriele Gramelsberger das Buch "Climate Change and Policy: The Calculability of Climate Change and the Challenge of Uncertainty".
Mehr unter: http://www.mpimet.mpg.de/en/mitarbeiter/johann-feichter.html
Nächster Vortrag in dieser Reihe:
Prof. Dr. Thomas Roeder (Zoologisches Institut, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel)
Einfache Tiermodelle in der biomedizinischen Forschung
Dienstag, 27. November 2012, 18:15 Uhr, N 1 (Muschel)