Das Historische Seminar, Arbeitsbereich Byzantinistik
und das Studium generale der Johannes Gutenberg-Universität Mainz laden ein zu folgendem Gastvortrag im Rahmen der Reihe "Byzantinische Archäologie in Mainz":
Dr. Margit Mersch (Erlangen-Nürnberg)
Lateinisch-griechische Simultankirchen?
Gemeinsame Sakralorte orthodoxer und lateinischer Christen im östlichen Mittelmeerraum des 13.–15. Jahrhunderts
Mittwoch, 19. Mai 2010, 18.15 Uhr, Hörsaal P 2 (Philosophicum)
Im Spätmittelalter war der östliche Mittelmeerraum zu einem großen Teil durch politisch-religiöse Konfrontationen und gewaltsame Auseinandersetzungen geprägt. Neben der Feindschaft zwischen Christentum und Islam sorgte die tiefe Spaltung des Christentums (wie auch merkantile und territoriale Interessen) für Konfliktpotential. Lateinische Christen, hauptsächlich aus Frankreich oder Italien, stellten in weiten Teilen des ehemaligen byzantinischen Reichs seit dem vierten Kreuzzug 1204, in Zypern bereits seit 1191, die Besatzungsmacht gegenüber der orthodoxen indigenen Bevölkerung dar.
Doch trotz der grundsätzlichen politischen und kirchenpolitischen Konfrontation sind in allen lateinischen Herrschaften des östlichen Mittelmeerraums Hinweise auf gemeinsame sakrale Orte und gemeinsame religiöse Praxis von lateinischen und orthodoxen Christen, mithin auf eine gewisse interkonfessionelle "Symbiose" zu finden, die sprachliche, kulturelle und politische Divergenzen überwandt. Sie sind zugleich Hinweise auf die Komplexität transkultureller Situationen mit ihrem Parallelismus von Segregation und Kooperation innerhalb einer Gesellschaft.
Dieser Vortrag geht Indikatoren aus Schriftquellen, Architektur und Malerei für diese speziellen Formen transkultureller Kommunikation nach und behandelt u.a. Chronistik, Papstbriefe, Kirchenbauten und -ausstattungen, Fresken und Ikonen auf Euböa, der Peloponnes, in Kreta, Zypern und im Hl. Land.
Margit Mersch ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg am Lehrstuhl Archäologie und Kunstgeschichte; zuständig für das DFG-Forschungsprojekt "Die Kunstpraxis der Mendikanten als Abbild und Paradigma interkultureller Transferbeziehungen in Zentraleuropa und im Kontaktgebiet zu orthodoxem Christentum und Islam" im DFG-SPP 1173 "Integration und Desintegration der Kulturen im Europäischen Mittelalter".