Studium generale: Mainzer Universitätsgespräche
"Der Mensch und das Feuer: Natur, Kultur, Technik"
Dr. Marie Luisa Allemeyer (Göttingen)
″Daß es wohl recht ein Feuer vom Herrn zu nennen gewesen…″. Zur Wahrnehmung, Deutung und Verarbeitung von Stadtbränden in der Frühen Neuzeit
Mittwoch, 13. Juli 2011, 18:15 Uhr, N 1 (Muschel)
In seinem Buch ″The Early Modern City″ stellt der englische Historiker Christopher Friedrichs fest, dass nicht Überschwemmungen, Erdbeben oder Unwetter die größte Bedrohung für die frühneuzeitliche Stadt darstellten, sondern dass die stärkste und nachhaltigste Gefährdung vom Stadtbrand ausging. Offene Feuerstellen und wenig entwickelte Methoden des Brandschutzes und der Brandbekämpfung führten dazu, dass Stadtbrände häufig ausbrachen und kaum begrenzt werden konnten, wenn sie einmal entfacht waren.
Nach einem Stadtbrand musste die städtische oder landesherrliche Obrigkeit zunächst Maßnahmen ergreifen, um die betroffenen Menschen materiell zu unterstützen und die Schäden zu beheben. Zusätzlich zu ihrer materiellen Not belastete die betroffenen Menschen aber auch die Frage, weshalb ihnen dieses Unglück widerfahren war. Im Rahmen eines religiös geprägten Weltbildes galten Stadtbrände als eine Strafmaßnahme, die Gott über die sündigen Menschen verhängt hatte. Neben dieser, im 17. Jahrhundert noch allgegenwärtigen Interpretation, finden sich gleichzeitig Zeugnisse einer durchaus nicht metaphysischen Umgangsweise mit dem Stadtbrand, die sich in Vorschriften zur Prävention und Bekämpfung von Bränden und technischen Traktaten niederschlugen.
Marie Luisa Allemeyer wird in ihrem Vortrag aufzeigen, wie es Menschen des 17. Jahrhunderts gelang, die religiöse Interpretation mit äußerst diesseitsbezogenen, technischen Maßnahmen zur Vorbeugung und Bekämpfung von Feuersbrünsten zu verbinden.
Marie Luisa Allemeyer: Studium der Mittleren und Neueren Geschichte sowie Hispanistik in Göttingen und Granada (Spanien); Promotion (2005) an der Philosophischen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität, Kiel; Koordinatorin der International Max-Planck Research School ″Werte und Wertewandel in Mittelalter und Neuzeit″ am Max-Planck-Institut für Geschichte in Göttingen (2005–2008); seit Februar 2008 Geschäftsführerin der Graduiertenschule für Geisteswissenschaften Göttingen.
Buchpublikationen: Fewersnoth und Flammenschwert. Zur Deutung, Wahrnehmung und Verarbeitung von Stadtbränden in der Frühen Neuzeit, Göttingen 2007; ″Kein Land ohne Deich…!″. Lebenswelten einer Küstengesellschaft in der Frühen Neuzeit, Göttingen 2006.