Das Institut für Kunstgeschichte und das Studium generale laden zu folgendem Vortrag ein:
Dr. Olga Kotkova (Prag)
Albrecht Dürers Rosenkranzfest: Mythos und Wirklichkeit
Mittwoch, 13. Februar 2008, 18.15 Uhr
Hörsaal des Instituts für Kunstgeschichte (Binger Straße 26)
Albrecht Dürer (1471–1528) malte das berühmte Rosenkranzfest (heute in der Nationalgalerie in Prag) 1506 während seines zweiten Venedigaufenthalts. Das Gemälde war von den in Venedig ansässigen deutschen Kaufleuten für ihre Kapelle in der Pfarrkirche San Bartolomeo in Auftrag gegeben worden. Laut zeitgenössischer Literatur kamen Besucherscharen aus ganz Europa in die Kirche von San Bartolomeo, um das Werk zu betrachten. Auch Kaiser Rudolf II. wurde auf das Altarbild Rosenkranzfest aufmerksam und beschloß, es zu erwerben.
In den Prager Sammlungen Rudolfs II. geriet aber das ehemals berühmte Gemälde langsam in Vergessenheit. Sein Zustand verschlechterte sich zunehmend. Die neuesten Untersuchungen haben darüber hinaus ergeben, daß der Zustand des Gemäldes weniger auf die schlechten klimatischen Verhältnisse an seinem Aufbewahrungsort oder kriegerische Unruhen der nachfolgenden Zeiten zurückzuführen ist, sondern vielmehr auf die angewandte Maltechnik, für die der Meister Dürer selbst verantwortlich zeichnete. Schließlich wurde das Rosenkranzfest aus den Sammlungen der Prager Burg entfernt. Das Gemälde wechselte anschließend mehrfach seinen Besitzer und wurde 1793 von der Königlichen Prämonstratenser-Kanonie auf dem Strahov in Prag angekauft.
Auch im Strahov-Kloster geriet das Dürer-Gemälde weiter in Vergessenheit. Ein Zufall führte in den Jahren 1839–1841 zu einer umfangreichen Restaurierung durch den Maler Johann Gruß (1790–1855), die aus heutiger Sicht keineswegs als besonders geglückt bezeichnet werden kann. Dem Leitmeritzer Maler Gruß wurde bald bewußt, wie eine neu entdeckte Korrespondenz zeigt, welche fatalen Fehler ihm bei der Restaurierung unterlaufen sind.
Im Jahr 1934 erwarb der tschechoslowakische Staat das Gemälde. In der Nationalgalerie, wo es nun verbleiben konnte, wurde das Gemälde einer systematischen Untersuchung unterzogen. Die zeitgenössischen Quellen und die neuesten Untersuchungen zeichnen nach ca. 500 Jahren seit seiner Entstehung das wechselvolle Schicksal Albrecht Dürers Meisterstücks nach, aber berichten auch davon, wieviel von seiner Malerei wirklich erhalten blieb.
Dr. Olga Kotkova:
Studium in Prag, Karls Universität. Promotion zur spätgotischen Skulptur in Böhmen. Studienaufenthalte in den Niederlanden, USA und Großbritannien. 1989-1990: Wissenschaftliches Volontariat im Institut für Kunstgeschichte in Prag. Seit 1990 Kuratorin für altniederländische, altdeutsche und flämische Malerei an der Nationalgalerie Prag, Sammlung Alte Meister.