Dr. Stephan Hoppe – Vortragsexposé – Wintersemester 2006/2007

Das Institut für Kunstgeschichte und das Studium generale laden zu folgendem Vortrag ein:

Dr. Stephan Hoppe (Köln)

Architektonische Vorzeiten. Spuren visueller Stildiskurse im Zeitalter Jan van Eycks und Albrecht Dürers

Mittwoch, 17. Januar 2007, 18.15 Uhr
Hörsaal des Instituts für Kunstgeschichte (Binger Straße 26)

Es ist bekannt, dass viele Phänomene in der italienischen Renaissancearchitektur durch Entwicklungen in den Bildkünsten befruchtet wurden. Maler und Bildhauer arbeiteten als Architekten; die perspektivische Bildkonstruktion regte neue Ziele des Entwerfens an. In Bezug auf die nordalpine Architektur dieser Zeit wurde demgegenüber bis vor kurzem von einer weitgehend autonomen Entwicklung ausgegangen. Erst mit der zunehmenden Rezeption italienischer Motive ab ungefähr 1520 hätten die Baumeister vermehrt Anleihen bei den Bildkünsten unternommen in Gestalt von italianisierenden Vorlagenblättern und Traktatillustrationen, so die gängige Meinung.
In dem Vortrag soll gezeigt werden, dass bestimmte Einflüsse aus dem Bereich der Malerei jedoch bereits vor die Mitte des 15. Jahrhunderts zurückreichen. Es handelte sich dabei besonders um nordalpine Diskurse, um eine nichtgotische, in der Regel historisierend gemeinte Architektursprache, wie sie sich z.B. aus den gemalten Hintergründen der Madonnen Jan van Eycks aus den 1430er Jahren ableiten lassen. Anhand einzelner Leitmotive wie der gedrehten Stütze, dem rippenlosen Gewölbe, der romanischen und romanisierenden Bauzier lassen sich ab etwa 1460 bislang kaum beachtete Parallelen im architektonischen Motivgebrauch der unterschiedlichen Kunstgattungen aufzeigen. Anders als im Rahmen der heute weitgehend „stummen“ realen Bauten bietet der ikonologische Kontext der gemalten Motive zudem zahlreiche Hinweise auf ihre zeitgenössischen semantischen Bezugsfelder und ermöglicht so kunsthistorische Hypothesen über die Bedeutung bestimmter Stillagen in der mitteleuropäischen Architektur zwischen 1460 und 1530.

Ausgewählte Literatur:
Günther, Hubertus: Das Astwerk und die Theorie der Renaissance von der Entstehung der Architektur. In: Heck, Michèle-Caroline; Lemerle, Fréderique; Pauwels, Yves (Hrsg.): Théorie des arts et création artistique dans l´Europe du nord du XVIe au début du XVIIIe siècle. Tagungsband Lille 2000. Lille 2001, S. 13 - 32. Hoppe, Stephan: Romanik als Antike und die baulichen Folgen. Mutmaßungen zu einem in Vergessenheit geratenen Diskurs. In: Nußbaum, Norbert; Euskirchen, Claudia, Hoppe, Stephan (Hrsg.): Wege zur Renaissance. Beobachtungen zu den Anfängen neuzeitlicher Kunstauffassung im Rheinland und den Nachbargebieten um 1500. Köln 2003, S. 88 - 131.
Hoppe, Stephan: Architekturstil und Zeitbewußtsein in der Malerei Stefan Lochners. Verwendung und Vorbilder. In: Euskirchen, Claudia; Kieser, Marco; Pfotenhauer, Angela (Hrsg.): Hörsaal, Amt und Marktplatz. Forschung und Denkmalpflege im Rheinland. Festschrift für Udo Mainzer zum 60. Geburtstag. Regensburg 2005, S. 57 - 70. Kavaler, Ethan Matt: Renaissance Gothic. Pictures of Geometry and Narratives of Ornament. In: Art History 29 (2006), S. 1 - 46.

Stephan Hoppe:
Studium in Köln, Berlin (FU) und Bonn; Promotion 1996. Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Assistent am Lehrstuhl für Baugeschichte der Universität Dortmund und am Kunsthistorischen Institut der Universität zu Köln 1998 – 2006. Zur Zeit Forschungsstipendiat mit einem Projekt zur Medialität frühneuzeitlicher Architekturzeichnungen.