Themenschwerpunkt
"Warum wir reden müssen – Kultur und Sprache"
Prof. Dr. Uwe Hinrichs
Professor em. für Südslavische Sprach- und Übersetzungswissenschaft einschl. Südosteuropa-Linguistik, Universität Leipzig
Veränderungen der Sprache durch Migration
Montag, 7. Januar 2019, 18:15 Uhr, Hörsaal N 1 (Muschel)
Migration und Sprachkontakte haben schon immer die Sprachen beeinflusst, verändert und oft auch erneuert. Das Deutsche hat zwar schon lange Kontakt mit anderen Sprachen. Aber erst durch die neuen Migrationen seit den 1960er Jahren hat der migrationsbedingte Sprachwandel wirklich Fahrt aufgenommen und wird sich im laufenden Jahrhundert weiter verstärken. Unter dem Einfluss von Migrantendeutsch und Codeswitching kommt es in der gesprochenen Sprache zu Abweichungen, die nicht mehr mit der hochsprachlichen Grammatik übereinstimmen: Die vier Fälle des Deutschen geraten in Bewegung; die grammatische Übereinstimmung der Satzteile wird schwächer; es gibt neue Steigerungsformen mit mehr; die Wortfolge schwankt; es bilden sich neue Varietäten ("Kiezdeutsch"; "Kurzdeutsch") u.v.m. Dabei werden auch grammatische Muster aus den Herkunftssprachen (Türkisch; Russisch) kopiert. Die Frage ist, ob sich im Neu-Deutschen allmählich so etwas wie eine neue Sprechnorm herausbildet, die sich immer weiter von der offiziellen Schulgrammatik entfernt.
Prof. Dr. Uwe Hinrichs
1971–1977: Studium der Slavistik und der Balkanologie an der Freien Universität Berlin. 1981–1986: Wissenschaftlicher Assistent am Osteuropa-Institut der FU Berlin, Slavisches Seminar, Abt. Slavische Sprachen. 1981/1989 Promotion und Habilitation in Slavischer Sprachwissenschaft (Titel der Habilitationsschrift: "Linguistik des Hörens"). 1994–2014: Professor für Südslavische Sprach- und Übersetzungswissenschaft einschließlich Südosteuropa-Linguistik an der Universität Leipzig. Schwerpunkte in Forschung und Lehre: Slavische Sprachwissenschaft, Balkanlinguistik, Eurolinguistik. Seit 2014 freier Autor.
Literaturangaben:
Hinrichs, Uwe:
- (2009): Sprachwandel oder Sprachverfall? Zur aktuellen Forschungssituation im Deutschen. In: Muttersprache 1, S. 47–57.
- (2013): Multi Kulti Deutsch. Wie Migration die Sprache verändert. München.
- (2016): Die deutsche Sprache wirft Ballast ab. In: DIE ZEIT Nr. 16, S. 50.
- (2016): Sprachliche Wurmlöcher. Wie sich unser Sprechen verändert. In: Schmitz, Colleen M./Weiss, Judith E. (Hg.), Sprache. Ein Lesebuch von A – Z. Dresden, S. 150–153.
- (Hg.) (2004): Die europäischen Sprachen auf dem Wege zum analytischen Sprachtyp. Wiesbaden.
Jüngste Veröffentlichungen: Handbuch der Eurolinguistik (2010); Handbuch Balkan (2014); Die dunkle Materie des Wissens. Über Leerstellen wissenschaftlicher Erkenntnis (2014); Die Verwandlung der Sophia. Ein Schritt ins performative Zeitalter (2018); Manifest der performativen Philosophie (2018).
Nächster Vortrag in dieser Reihe:
Prof. Dr. Ulrike Lüdtke
(Professorin für Sprachpädagogik und Sprachtherapie · Co-Leiterin des interdisziplinären "Lab for Relational Communication Research", Leibniz Universität Hannover)
Sprachbildung aus relationaler Perspektive: Identität – Diversität – Partizipation
Montag, 28. Januar 2019, 18:15 Uhr, Hörsaal N 1 (Muschel)