Themenschwerpunkt des Studium generale
Über Seidenstraßen – Kulturtransfer und Globalisierung
Prof. Dr. Matthias Middell
Professor für Kulturgeschichte, Direktor des Global
and European Studies Institute GESI, Universität Leipzig
Kulturtransfer und Globalisierung im 18. und 19. Jahrhundert
Montag, 25. November 2019, 18:15 Uhr, Hörsaal N 1 (Muschel)
Die historische Seidenstraße gehört zu den beeindruckenden Verflechtungen der vormodernen Globalisierung, die ″One Belt, One Road-Initiative″ der chinesischen Regierung beansprucht der aktuellen Globalisierung eine neue Infrastruktur zu geben. Der Vortrag fragt vor diesem Hintergrund in einem ersten Teil, was die heutige von historischer Globalisierung unterscheidet und was sie evtl. gemeinsam haben. Diese Frage lenkt den Blick auf das 18. und 19. Jahrhundert als Transformationsphase hin zur global condition, unter der immer mehr Gesellschaften in einer Weise miteinander verflochten sind, aus der sie sich bei Strafe des Verlustes ihrer Entwicklungsdynamik nicht mehr zurückziehen können. Damit wurde allerdings auch eine Vorstellung faktisch hinfällig, die gesellschaftlichen Wandel vor allem aus gesellschaftsinternen Widersprüchen herleitet. Vielmehr entsteht dieser Wandel insbesondere als Ergebnis der Interaktion zwischen Gesellschaften. Dies hat den Blick der Globalgeschichtsschreibung auf die Kulturtransfers gerichtet, die solche Interaktionen charakterisieren. Der zweite Teil des Vortrags befasst sich deshalb mit der wachsenden Rolle von Kulturtransfers für die Erklärung moderner Globalisierung. Die Herausforderung, die es dabei zu meistern gilt, ist die Beantwortung der Frage, warum und wie die zunehmende Verdichtung von Kulturtransfers zwischen Gesellschaften einhergehen kann mit nationalistischen, fremdenfeindlichen und rassistischen Einstellungen. Dabei wird interessanterweise deutlich, dass selbst der Nationalismus keine autochthone Entwicklung in jeder einzelnen Gesellschaft ist, sondern das Ergebnis wechselseitiger Lernprozesse zwischen diesen Gesellschaften.
Matthias Middell ist Professor für Kulturgeschichte und Direktor des Global and European Studies Institute der Universität Leipzig. Seine Forschungsinteressen liegen im Bereich der vergleichenden Revolutionsforschung, der Historiographiegeschichte und der modernen Globalgeschichte. Dazu hat er zuletzt veröffentlicht: das Handbook of Transregional Studies, London: Routledge 2018; das Handbuch einer transnationalen Geschichte Ostmitteleuropas, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2017, den Routledge Companion to the French Revolution in World History, London: Routledge 2015 und zuletzt den Band The Practice of Global History. European Perspectives, London: Bloomsbury 2019.
Nächster Vortrag in dieser Reihe:
Prof. Dr. Daniel König
(Professor für Geschichte der Religionen, Fach Geschichte, Universität Konstanz)
Die arabischen Wurzeln Europas?
Eine Debatte zwischen Ideologie und Geschichtswissenschaften
Montag, 2. Dezember 2019, 18:15 Uhr, Hörsaal N 1 (Muschel)