THEMENSCHWERPUNKT DES STUDIUM GENERALE
"DOPING UND ENHANCEMENT. GRUNDFRAGEN DER ETHIK"
PD Dr. Christian Lenk (Göttingen)
Enhancement und Verteilungsgerechtigkeit im Gesundheitswesen
Montag, 07. Juni 2010, 18.15 Uhr, Hörsaal N 1 (Muschel)
Die Debatte über Verteilungsgerechtigkeit im Gesundheitswesen ist generell vom Einfluss knapper Ressourcen und dem Diktat der Finanzierbarkeit geprägt. Dennoch werden auch im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung regelmäßig Eingriffe durchgeführt, die nicht im engeren Sinne als "Therapie" gelten können. So zielt das "Anlegen" abstehender Ohren nicht auf ein verbessertes Hörvermögen, sondern auf ästhetische und kulturelle Standards, wie der menschliche Körper aussehen sollte. Häufig wird dabei das Nichterfüllen solcher Standards mit einer Stigmatisierung des Betroffenen gleichgesetzt, die die Medizin verhindern müsse. Im ersten Teil des Vortrags wird auf mögliche Grenzziehungen zwischen Gesundheit und Krankheit eingegangen. Ohne eine solche Grenzziehung zwischen beiden Bereichen wäre auch der Kritik an "verbessernden" Eingriffen der Boden entzogen. Im zweiten Teil des Vortrags geht es um die ethischen Implikationen von Krankheit und insbesondere um die Frage, wie in einem solidarischen Gesundheitswesen mit "verbessernden" Maßnahmen umgegangen werden sollte. Was folgt aus der solidarischen Finanzierung der Gesundheitsversorgung hinsichtlich der Art der zu gewährleistenden Leistungen und Therapieformen? Im dritten Teil werden einige Beispiele und Grenzfälle aus der Praxis diskutiert, bevor im vierten Teil des Vortrags ein Fazit gezogen wird.
Christian Lenk studierte Philosophie, Ethnologie und Politikwissenschaft an der Universität Hamburg. Er promovierte im Jahr 2002 zum Thema "Therapie und Enhancement – Ziele und Grenzen der modernen Medizin" an der Universität Münster. Im gleichen Jahr wechselte er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an die Abteilung für Ethik und Geschichte der Medizin der Medizinischen Fakultät der Universität Göttingen. Von 2004 bis 2007 leitete er das Göttinger Teilprojekt des EU-Forschungsprojektes PropEur (Property Regulation in European Science, Ethics and Law). Im Jahr 2008 folgte die Habilitation in Ethik und Theorie der Medizin zu einem Thema der Forschungsethik. In den Jahren 2008–09 war er Leverhulme Visiting Fellow am Centre for Philosophy, Humanities and Law in Health Care der Swansea University, Wales. Seit dem Jahr 2008 ist er Koordinator des EU-Projektes Tiss.EU, in dem zehn europäische Institutionen aus neun verschiedenen Ländern ethische und rechtliche Aspekte der genetischen Forschung an menschlichem Gewebe untersuchen. Er ist stellvertretender Vorsitzender der Göttinger Ethikkommission und international durch Publikationen in den Bereichen Enhancement, Gerechtigkeit, Medizinethik und Forschungsethik ausgewiesen.
Nächster Vortrag in dieser Reihe:
Prof. Dr. Dr. Perikles Simon
(Professor für Sportmedizin, Institut für Sportwissenschaft, Johannes Gutenberg-Universität Mainz)
Die Methoden der Doper und der Dopingjäger im modernen Sportzirkus:
Über Märchen, Hasen, Igel und verdammt viel Geld
Montag, 21. Juni 2010, 18:15 Uhr, N 1 (Muschel)