PD Dr. Gisela Drossbach – Vortragsexposé – Wintersemester 2004/2005

IAK MEDIÄVISTIK / STUDIUM GENERALE

ANGST UND TERROR IM MITTELALTER

PD Dr. Gisela Drossbach (Universität München)

Gewalt gegen Frauen – Untersuchungen zum Dekretalenrecht des 12. Jahrhunderts

Donnerstag, 09. Dezember 2004, 18.15 Uhr, P 3 (Philosophicum)

Gewalt (vis oder violentia) gegen Frauen gibt es im Mittelalter in vielfältigen Formen, nämlich als unmittelbarer Zwang (violentia), wie z.B. bei Vergewaltigung und Sklavenschaft, oder in subtilerer Form als mangelnde Willensfreiheit (vis).
Hier geht es um die letztere Art von Gewalt, nämlich die Missachtung als Rechtsperson beim Zustandekommen einer gültigen Ehe bzw. innerhalb einer kirchenrechtlich gültigen Ehe.
Der Kontext, in dem diese Art der „Gewalt“ gegen Frauen thematisiert wird, ist das Kirchenrecht des 12. Jahrhunderts, d.h. die Zeit der klassischen Kanonistik, eine Zeit großer systematischer Rechtssammlungen, die nach Themen geordnete Fragestellungen bringen und u.a. auch umfangreiche Rubriken zum Eherecht enthalten. Zu unserer Fragestellung finden sich zahlreiche einzelne eherechtlich bedeutsame Fälle, in denen auf Gewalt gegen Frauen im Rahmen ehelicher Verhältnisse Bezug genommen wird. Dabei wird zu untersuchen sein, welche verschiedenen Ehekonzepte vorkommen und welche Gewalt gegen Frauen widerspiegeln. Insbesondere sollen Rechtsfälle untersucht werden, in denen Frauen Gewalt zukommt aufgrund ihrer Minderjährigkeit, aufgrund der Missachtung des Ehekonsensens und durch Vergewaltigung. Dabei ist es von Interesse nachzuvollziehen, inwiefern das Kirchenrecht Frauen gegen Gewalt in Schutz nimmt.

PD Dr. Gisela Drossbach, Studium der Geschichte, Kunstgeschichte und Italianistik in Konstanz, Florenz, Rom und München, Promotion in mittelalterlicher Geschichte 1993 in München, Habilitation in mittelalterlicher Geschichte 2002 in Dresden. Seit 2000 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Stephan Kuttner Institute of Medieval Canon Law der LMU München, Privatdozentin an der TU Dresden.

Wichtige Veröffentlichungen: Die „Yconomica“ des Konrad von Megenberg. Das „Haus“ als Norm für politische und soziale Strukturen (1998). Christliche caritas als Rechtsinstitut. Hospital und Orden von Santo Spirito in Sassia (2004, im Ersch.). Mit Peter Landau, Die Collectio Francofurtana (Manuskript abgeschlossen).