Studium generale: Mainzer Universitätsgespräche
"Wer Ist Ich?"
Priv.-Doz. Dr. Matthias Michal (Mainz)
Depersonalisation: Das entfremdete Selbst
Mittwoch, 9. Mai 2012, 18.15 Uhr, Hörsaal N 1 (Muschel)
Menschen können ihr "Selbst" als fremd und unwirklich erleben. Die Betroffenen klagen über ein Gefühl von entfernt sein, von "nicht richtig hier" sein. Sie erleben sich ihrem Selbst gegenüber wie ein außenstehender Beobachter, so als ob ihre Gefühle, Bewegungen und Worte zu jemand anderem zu gehören scheinen. Etwa 1% der Bevölkerung befindet sich chronisch in einem Zustand der Depersonalisation. Flüchtige Symptome von Depersonalisation werden von fast allen Menschen im Lauf ihres Lebens erfahren, oft im Zusammenhang mit Übermüdung, Stress oder abruptem Umgebungswechsel. Das Phänomen der Depersonalisation eröffnet Fragen zur Beschaffenheit unseres Ichs und der Welt, die von der modernen Literatur und Philosophie aufgegriffen werden. Der Vortrag macht mit dem klinischen Phänomen der Entfremdung und dem Krankheitsbild der Depersonalisationsstörung vertraut, er stellt die sozialen, biographischen und neurobiologischen Ursachen vor, geht auf die psychotherapeutischen Behandlungsoptionen ein und behandelt seine philosophischen und literarischen Aspekte.
Matthias Michal, geb. 1967, ist Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, stellvertretender Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie an der Universitätsmedizin Mainz. Er habilitierte über das Depersonalisations-Derealisationssyndrom. Arbeitsschwerpunkte sind die Psychokardiologie und die Erforschung des Depersonalisations-Derealisationssyndroms. Er koordiniert die Leitlinie "Diagnostik und Behandlung des Depersonalisations-Derealisationssyndroms" für das Deutsche Kollegium für Psychosomatische Medizin (DKPM) und die Deutsche Gesellschaft für Psychotherapeutische Medizin (DGPM).
Nächster Vortrag in dieser Reihe:
Prof. Dr. Emil Angehrn (Professor für Philosophie, Universität Basel)
Selbstsein und Selbstverständigung.
Das Bild des Menschen zwischen Anthropologie und Hermeneutik
Mittwoch, 16. Mai 2012, 18.15 Uhr, Hörsaal N 1 (Muschel)