Das Institut für Kunstgeschichte und das Studium generale laden zu folgendem Vortrag ein:
PD Dr. Salvatore Pisani (Paris/Mainz)
Miraculorum artifex? Ribera malt die bärtige Frau
Mittwoch, 6. Mai 2009, 18.15 Uhr
Hörsaal des Instituts für Kunstgeschichte (Binger Straße 26)
Anfang des Jahres 1631 erteilte der neapolitanische Vizekönig Duca d’Alcalá dem spanischen Maler Jusepe de Ribera den Auftrag, ein Portrait der Magdalena Ventura anzufertigen, einer bärtigen Frau aus den Abruzzen, welche die Bildinschrift als Naturwunder preist. Seit dem 37. Lebensjahr hatte ihr Körper eine Verwandlung zum Mann erfahren, angezeigt durch eine massive Behaarung nach maskulinem Verteilungsmuster, die in der modernen Medizin als Hirsutismus bekannt ist. Während neuere Studien Riberas Donna barbuta in außerkünstlerische Diskurskontexte (›Freak‹- und Transgender-Diskurse) verorten, wird der Vortrag der Frage nachgehen, wie der Maler es unternimmt, aus dem Wunder der Natur ein ästhetisches Ereignis zu machen und die Faszination am spektakulären Bildgegenstand zur Faszination am Bildmedium zu verwandeln. Von diesem kunsttheoretischen Meta-Verständnis ausgehend lässt sich die Donna barbuta dann neu in der Kuriosen- und Prodigienkultur der Frühen Neuzeit kontextualisieren.
Literatur:
• James Clifton, „Ad vivum mire depinxit“: Toward a Reconstruction of Ribera’s Art Theory, in: Storia dell’arte, 1995, Bd. 83, S. 111-132.
• Monstruos, enanos y bufones en la Corte de las Austrias, Ausstellungskatalog Madrid 1986.
• Susanne Thiemann, Sex trouble. Die bärtige Frau bei José de Ribera, Luis Vélez de Guevara und Huarte de San Juan, in: Geschlechtervariationen. Gender-Konzepte im Übergang der Neuzeit, hrsg. von Judith Klinger/Dies., Potsdam 2006, S. 47-82.
PD Dr. Salvatore Pisani: Studium der Kunstgeschichte in Deutschland und berufliche Tätigkeit in Italien, der Schweiz und Frankreich. Im Sommersemester 2007 Habilitation an der Universität des Saarlandes. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der Kunst- und Architekturgeschichte Italiens und Frankreichs der Frühen Neuzeit und Moderne. Neben kontextorientierten Fallstudien stehen kulturgeschichtliche und komparatistische Ansätze im Vordergrund. Derzeit ist er Gastwissenschaftler an der Universität Mainz.