VORTRAG DES SEMINARS FÜR KLASSISCHE PHILOLOGIE
zum Themenschwerpunkt des Studium generale
»ZUFALL – SCHICKSAL – NOTWENDIGKEIT«
PD Dr. Udo Reinhardt (Mainz)
Schicksal und Notwendigkeit im antiken Mythos
Mittwoch, 13. Juli 2005, 18.15 Uhr, Hörsaal N 1 (Muschel)
Die grundlegenden Menschheitsfragen nach Schicksal und Notwendigkeit, blindem Zufall und unabwendbarer Vorherbestimmung, Entscheidungsfreiheit und persönlicher Schuld finden im Rahmen der europäischen Kulturentwicklung ihre ersten Antworten im antiken Mythos, der sich literarisch vor allem im frühgriechischen Epos (8./7. Jh. v. Chr.) und in der attischen Tragödie (5. Jh. v. Chr.) dokumentiert.
Der Vortrag, der für die SWR-Sendereihe 'Tele-Akademie' aufgezeichnet wird, behandelt diese Thematik mit repräsentativen Belegen in Wort und Bild, ausgehend von einem Chorlied aus Sophokles' Tragödie Antigone (Vers 944 ff.) und einer sprachlich-inhaltlichen Analyse der Grundbegriffe Nemesis, Aisa, Moira und Heimarmene. Im Zentrum stehen zwei große literarische Stoffe, an denen die Grundkategorien des Themas entwickelt werden: die Sage von Oidipus und der Mythenkomplex von Entstehung und Verlauf des großen trojanischen Krieges (mit der exemplarischen Einzelgestalt der Seherin Kassandra). Abschließend ergibt sich die Frage nach der Aktualität dieser mythischen Vorstellungen für unsere Zeit.
Dr. Udo Reinhardt, geb. 1942, akademischer Direktor am Seminar für Klassische Philologie der Universität Mainz (Dissertation 1974, Habilitation 2003), beschäftigt sich seit Jahren mit Tradition und Rezeption griechischer Mythen in der euro¬päischen Kultur. Daraus resultieren zahlreiche Publikationen, zuletzt: Ovids Metamorphosen in der modernen Kunst (2001), Orpheus' und Eurydikes Trennung: Bilder von der Antike bis zum Fin de siècle (2003), Themen griechischer Mythen als Ausdruck künstlerischen Widerstands im Dritten Reich (2004), Bilder zur Odyssee als visuelle Ergänzung für die Schullektüre (2004), Griechische Mythen in der Bildenden Kunst der DDR (2005), Danae e Santa Barbara. Mito classico e leggenda cristiana (2005); schließlich aktuelle Arbeitsprojekte zum Arachnezimmer der Landshuter Stadtresidenz und zur zentralen Deckenszene der Sala di Troia im Palazzo Ducale von Mantova.