PD Dr. Udo Reinhardt – Vortragsexposé – Sommersemester 2006

THEMENSCHWERPUNKT DES STUDIUM GENERALE
"URSPRUNGSMYTHEN"

PD Dr. Udo Reinhardt (Universität Mainz)

Von den mythischen Ursprüngen der Größe Roms

Montag, 19. Juni 2006, 18.15 Uhr, Hörsaal N 3 (Muschel)

Im Verlauf des 3. Jahrhunderts v. Chr. zur Vormacht in Italien geworden, durch den Sieg im zweiten punischen Krieg (202) zu Herren im westlichen Mittelmeer, entwickeln die Römer mit neuem Selbstverständnis von politischer Macht und historischer Größe aus Gestalten, Themen und Motiven der griechischen Mythentradition die Ursagen von Aeneas, dem Sohn der Liebesgöttin Venus, der nach der Zerstörung Trojas und langen Irrfahrten in Italien landete, die Stadt Lavinium gründete und schließlich vergöttlicht wurde, und von seinem Nachkommen Romulus, dem Sohn des Kriegsgottes Mars, der als kleines Kind mit Zwillingsbruder Remus von einer Wölfin genährt wurde, später die Stadt Rom gründete und am Ende seines Lebens ebenfalls unter die Götter erhoben wurde.
Diese Ursprungssagen gewinnen durch die Herrschaft Roms über die antike Welt und die Literatur der augusteischen Zeit (speziell Vergils Aeneis, Livius' Geschichtswerk Ab urbe condita und die Dichtungen Ovids) eine grundlegende Bedeutung nicht nur bis zur Spätantike, sondern auch für die europäische Kulturentwicklung vom Mittelalter bis zum Ende des ancien régime. Der Vortrag gibt im Rahmen des Semesterthemas 'Ursprungsmythen' eine Einführung in diese Zusammenhänge mit ausgewählten Texten und repräsentativen Bildbelegen.

Einführende Literatur: Gerhard Binder, Die Aussetzung des Königskindes. Kyros und Romulus. Meisenheim/Glan 1964 (Beiträge zur Klassischen Philologie 10). – Jane F. Gardner, Römische Mythen. Stuttgart 1994. – Fritz Graf, Der Mythos bei den Römern. Forschungs- und Problemgeschichte. In: Mythos in mythenloser Gesellschaft. Das Paradigma Roms. Stuttgart, Leipzig 1993 (Colloquium Rauricum Bd. 3), 25–43. – Hans Jürgen Hillen, Von Aeneas zu Romulus. Die Legenden von der Gründung Roms. Mit einer lateinisch-deutschen Ausgabe der Origo gentis Romanae. Düsseldorf 2003 (weitere Forschungsliteratur 192–196). – Erika Simon, Rom und Troia. Der Mythos von den Anfängen bis in die römische Kaiserzeit. In: Troia. Traum und Wirklichkeit. AK Stuttgart/ Braunschweig/ Bonn 2001/2002, 154–173.

PD Dr. Udo Reinhardt, akad. Direktor am Seminar für Klassische Philologie, beschäftigt sich seit Jahren in Vorträgen und Publikationen mit der Tradition und Rezeption antiker Mythen in der europäischen Kultur, Literatur und Kunst von der Antike bis zur Gegenwart. Jüngste Arbeitsthemen: (1) Das Arachne-Zimmer der Landshuter Stadtresidenz (1542): Text – Bild – Bildtradition. (2) Die zentrale Deckenszene als Schlüssel zum Bildprogramm der Sala di Troia in Palazzo Ducale zu Mantova (1536–39).

Vortrag des Instituts für Ägyptologie und Altorientalistik zum Themenschwerpunkt "Ursprungsmythen":
Donnerstag, 22. Juni 2006, 18.15 Uhr, P 2 (Philosophicum)
Dr. Susanne Bickel (Basel/Fribourg): Altägyptische Schöpfungsvorstellungen: Formen, Entwicklungen, Nutzen

Nächster Vortrag in der Ringvorlesung des Studium generale zum Themenschwerpunkt "Ursprungsmythen":
Montag, 26. Juni 2006, 18.15 Uhr, N 3 (Muschel)
Prof. Dr. Wolfgang Wildgen (Bremen): Mythen und Modelle des Sprachursprungs