Prof. Dr. Albrecht Riethmüller · Vortragsexposé · Sommersemester 2010

Studium generale: Mainzer Universitätsgespräche

DAS SCHÖNE – FORMEN UND FUNKTIONEN


Prof. Dr. Albrecht Riethmüller

(Seminar für Musikwissenschaft, Freie Universität Berlin)

Sonderweg in der Ästhetik:

Das Musikalisch-Schöne

Mittwoch, 09. Juni 2010, 18.15 Uhr, Hörsaal N 1 (Muschel)



Es werden Anhaltspunkte dafür gesucht, weshalb Musik im Rahmen des Diskurses über das Schöne marginal geblieben ist. Weder thematisiert die Musiktheorie in Antike und Mittelalter das Schöne an der Musica (als einer der artes liberales), noch konzentrieren sich umgekehrt die kallistischen Beiträge auf Musik. Und selbst im Zeitalter der Schönen Künste (beaux arts) kommen die Besinnungen auf das Musikalisch-Schöne nur zögernd in Gang, so dass der Übergang zu den "nicht mehr schönen Künsten" im Blick auf Musik ebenfalls undramatisch verläuft, was das Schöne als solches betrifft, hingegen umso heftiger, was das Aufeinanderprallen von Kon- und Dissonanz oder Tonalität und Atonalität betrifft. Das gilt für die theoretischen und die ästhetischen Erklärungen, nicht natürlich für den Alltag, in dem viele Menschen Wert darauf legen, in eigenartigem ästhetisch-ethischen Zwielicht "gute" oder "schöne Musik zu hören, ohne dass sich daraus ein allgemeiner Begriff gewinnen ließe.

Die These, dass der Diskurs über das Schöne sich am Visuellen, nicht am Akustischen entwickelt, wird vor allem an Dreierlei exemplifiziert: den Vorlesungen über Ästhetik von G. W. F. Hegel, dem Libell "Vom Musikalisch-Schönen" von Eduard Hanslick (1854) und einem Radio-Feature "Schöne Stellen" von T. W. Adorno.



Albrecht Riethmüller: studierte Musikwissenschaft, Philosophie und Neuere deutsche Literaturwissenschaft an der Universität Freiburg i.Br., wo er 1974 bei Hans H. Eggebrecht promovierte, seine Assistentenjahre verbrachte und sich 1984 habilitierte. Er nahm eine Gastprofessur an der University of Illinois at Urbana-Champaign (USA) und eine Lehrstuhlvertretung an der Universität Heidelberg wahr, ehe er 1986 als o. Professor für Musikwissenschaft an die Universität Frankfurt a.M. und 1992 an die Freie Universität Berlin berufen wurde. Seit 1991 ist er ordentliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mainz, seit 2002 Affiliated Faculty Member am Canadian Centre for German and European Studies der York University in Toronto. – Wichtige Publikationen (Auswahl): Die Musik als Abbild der Realität (1976), Ferruccio Busonis Poetik (1988), Gedichte über Musik (1996), Annäherung an Musik. Studien und Essays (2007).



Nächster Vortrag in dieser Reihe:

Prof. Dr. Jörg Zimmermann (Akademie für Bildende Künste, Johannes Gutenberg-Universität Mainz)

Schönheit der Verwitterung

Mittwoch, 16. Juni 2010, 18.15 Uhr, N 1 (Muschel)