MAINZER UNIVERSITÄTSGESPRÄCHE
des Studium generale zum Themenschwerpunkt
»ZUFALL – SCHICKSAL – NOTWENDIGKEIT«
Prof. Dr. Axel Meyer (Konstanz)
Vom Zufall und der Notwendigkeit in der Evolution
Mittwoch, 4. Mai 2005, 18.15 Uhr, Hörsaal N 1 (Muschel)
Was ist die Rolle des Zufalls, und gibt es Gesetzmäßigkeiten, die die Entstehung der Biodiversität determinieren? Was sind Arten überhaupt, und entstehen Neue notwendigerweise oder zufällig? Sind alle Tiergruppen von katastrophalen Massenaussterben gleich stark beeinflusst? Warum sind einige Gruppen von Organismen besonders erfolgreich und andere nicht? Dies sind Fragen, die sich schon Charles Darwin stellte, und sie wurden in den vergangenen 150 Jahren seit Darwin immer noch, und zum Teil heftig, debattiert. Seit etwa 15 Jahren wird auch diesen zentralen Fragen der Evolutionsbiologie immer häufiger durch molekulare Analysen von Genen und ganzen Genomsequenzen nachgegangen. Zufällige Mutationen verändern Gene, scheinen dann aber möglicherweise deterministisch zum Artenreichtum einiger Tiergruppen beizutragen. In den letzten Jahren wurde entdeckt, dass in den verschiedensten Tierstämmen bestimmte Gene und deren Interaktionen seit mehreren hundert Millionen Jahren (fast) unverändert konserviert sind. Der Mensch unterscheidet sich beispielsweise von seinem nächsten lebenden Verwandten, dem Schimpansen, nur um etwa 1% in seinen Genen. So kann beispielsweise ein "Augen-Gen" einer Maus, wenn es in eine Fliege gebracht wird, auch in ihr ein Auge, dann aber ein Fliegenauge und kein Mausauge, hervorbringen. Wie konnte dann aber, trotz dieses unerwarteten evolutionär-genetischen Konservatismus, die biologische Vielfalt und Komplexität gleichzeitig zunehmen? Dieses scheinbare Paradoxon zu verstehen, ist ein Forschungsschwerpunkt der vergleichenden evolutionären Genombiologie. Anhand einiger Beispiele werden neue Fortschritte zum Verständnis des Zufalls und der Notwendigkeit genetischer Unterschiede in der Evolution vorgestellt werden.
Professor Dr. Axel Meyer, Ordinarius für Zoologie und Evolutionsbiologie an der Universität Konstanz. Studium der Biologie bis zum Vordiplom an den Universitäten Marburg und Kiel. Ab 1982 Studium in den USA, zunächst an der University of Miami, anschließend an der Harvard University sowie der University of California in Berkeley. 1988 Promo¬tion im Zoology Department in Berkeley, dann bis 1990 Postdoctoral Fellow mit Prof. Allan C. Wilson im Biochemistry Department in Berkeley, ab 1990 Professur im Department of Ecology and Evolution an der State University of New York. Seit 1997 Professor in Konstanz als Nachfolger von Prof. Dr. Hubert Markl. Forschungen auf dem Gebiet der Ursachen der biologischen und genetischen Vielfalt, hauptsächlich an Wirbeltieren und da insbesondere an Fischen; außerdem Forschung zur vergleichenden evolutionären Analyse von Gen- und Genomsequenzen.
Nächster Vortrag in dieser Reihe:
Dr. Markus Pössel
(Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik, Albert-Einstein-Institut, Golm bei Potsdam)
Zufall in der Mikrowelt.
Was Einstein immer schon an der Quantenmechanik gestört hat
Mittwoch, 25. Mai 2005, 18.15 Uhr, Hörsaal N 3 (Muschel)