THEMENSCHWERPUNKT DES STUDIUM GENERALE
"WAS IST LEBEN?"
Prof. Dr. Bernd Kaina (Mainz)
Reparatur des Erbguts: Schlüsselrolle für Leben und Tod
Dienstag, 18. Januar 2011, 18:15 Uhr, Hörsaal N 1 (Muschel)
Die Eigenschaften eines Organismus werden weitestgehend durch seine Erbinformation bestimmt, welche von Generation zu Generation weiter gegeben wird. Man sollte daher annehmen, dass das Erbgut – die DNA – stabil ist. Dies ist jedoch nicht der Fall. Die DNA ist ein Makromolekül, das an sich hoch instabil ist. Zudem schädigen viele Einflüsse aus der Umwelt die DNA. Dazu gehören das Sonnenlicht, ionisierende Strahlung, Schadstoffe in der Luft, im Tabakrauch und sogar in der Nahrung. Auch schädigen körpereigene Stoffwechselprodukte die DNA, wobei Sauerstoffradikale eine besondere Rolle spielen. Schäden an der DNA führen zu Mutationen u.a. auch in Genen, welche die Zellteilung kontrollieren. Dies äussert sich in Krankheiten wie Missbildungen und Krebs. Aber auch Zelltod kann die Folge von DNA-Schädigung sein. Diese Tatsache macht man sich in der Krebstherapie zu Nutze.
Angesichts der gravierenden Folgen von DNA-Schäden ist es verständlich, dass Organismen Systeme entwickelt haben, die DNA in jeder Zelle des Körpers ständig auf seine Unversehrtheit zu kontrollieren und Schäden zu entfernen. Zellen haben zudem die Fähigkeit entwickelt, nicht reparierte DNA-Schäden zu "tolerieren", was sie davor schützt, durch DNA-Schädigung zu Grunde zu gehen.
Ohne DNA-Reparatur gäbe es kein Leben. Viele Reparaturmechanismen sind zunächst in Bakterien entdeckt worden, bevor sie in menschlichen Zellen aufgefunden wurden. DNA-Reparatur kann neben dem Immunsystem als das wichtigste körpereigene Schutzsystem angesehen werden. Dies wird eindrucksvoll durch Krankheitsbilder belegt, bei denen die Betroffenen einen DNA-Reparaturdefekt aufweisen. Nahezu alle der erblichen DNA-Reparaturdefekte weisen eine erhöhte Krebsinzidenz und neurologische Störungen auf, aber auch ein vorzeitiges Altern. Da es einen Zusammenhang zwischen fehlender oder ungenügender DNA-Reparatur auf der einen Seite und der Akkumulation von DNA-Schäden und dem zellulären Altern auf der anderen gibt, wird heute "DNA-Fehlreparatur" als die favorisierte Hypothese angesehen, welche das Altern und schließlich den "natürlichen" Tod des Organismus erklärt.
Bernd Kaina, geb. 1950. – Promotion in Biologie/Genetik (Halle, 1977), Habilitation im Fach Genetik und Toxikologie (Karlsruhe 1990), Stipendiat der EU an der Universität Leiden, Gastwissenschaftler am DKFZ in Heidelberg, Heisenberg-Stipendiat der Deutschen Forschungsgemeinschaft (Forschungszentrum Karlsruhe), Professor für Toxikologie (seit 1993) und Direktor des Instituts für Toxikologie (seit 2004) an der Universität Mainz. – Zu den Forschungsschwerpunkten Prof. Kaina's zählen Schädigung und Reparatur der DNA, Mechanismen der Mutagenese, der Karzinogenese und des programmierten Zelltods sowie zelluläres Signaling.
Nächster Vortrag in dieser Reihe:
PD Dr. Dietmar Mauer (Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg/Saar)
Der Hirntod aus Sicht der Medizin
Dienstag, 25. Januar 2011, 18:15 Uhr, N 1 (Muschel)