STUDIUM GENERALE: MAINZER UNIVERSITÄTSGESPRÄCHE
"WASSER: MOLEKÜL, LEBENSSTOFF, MENSCHHEITSPROBLEM"
Prof. Dr. Carsten Niemitz
(Freie Universität Berlin)
Selektionsfaktoren und Sehnsüchte – Das Wasser und der Weg zum heutigen Menschen
Mittwoch, 28. Mai 2008, 18.15 Uhr, Hörsaal N 1 (Muschel)
Die Vorstellung von einem Idyll ist unauflöslich an die Präsenz von Wasser gebunden. Menschen in einem Park mit einem Teich verbringen dort längere Zeit, Picknicken länger und kommunizieren mehr als in einem Park ohne ein Gewässer. Der Urlaub am Meeresstrand ist keine Mode, schon Plinius d. Ä. kann hierzu Treffendes berichten. Die Sehnsucht nach einem Ufer ist transkulturell und durch alle Zeiten hindurch belegt: Sie ist eine Eigenschaft des Menschen und gehört zum stammesgeschichtlich erworbenen, genetischen Inventar unserer Spezies. – Ungefähr die Hälfte aller Arten von Altweltaffen einschließlich der Menschenaffen haben enge ökologische und verhaltensbiologische Beziehungen zum Ufer. Diesen Lebensraum zu nutzen, stellt für viele von ihnen einen konkreten Selektionsvorteil dar und hilft ihnen, in kargen Zeiten zu überleben. – Heute sind sich viele Wissenschaftler einig, dass der aufrechte Gang des Menschen nicht in der Savanne, sondern im Wald entstand. Für vierfüßige Affen aber hat ein aufgerichteter Gang nur Nachteile: unphysiologische Belastung der Gelenke, Langsamkeit und damit Nachteile für das Zeitbudget. Außer beim jugendlichen Spiel richten sich Affen aber praktisch nur auf zwei Beine auf, wenn sie im Wasser stehen. Vor allem aber stellen sie sich hier nicht nur hin, sondern gehen in dieser Situation weiter, was sie sonst fast nie tun. Und mit der Entstehung von Savannen in Ostafrika gab es die Wälder, in denen der aufrechte Gang entstand, vor allem entlang der Flüsse ...
Prof. Dr. Carsten Niemitz hat Biologie, Mathematik und Medizin an den Universitäten Gießen, Freiburg, Göttingen und Berlin (FU) studiert. 1971–73 verbrachte er im Urwald von Sarawak (Borneo), war 1974–78 Assistent am Anatomischen Institut der Universität Göttingen und wurde im Alter von 32 Jahren auf eine Professur für Humanbiologie an die Freie Universität Berlin berufen. Das Angebot einer Zoodirektorenstelle und einen Ruf auf ein Ordinariat in Zoologie lehnte er ab, lehrte aber als Gastprofessor für Zoologie und Evolutionsbiologie an der Universität Potsdam. Forschungsschwerpunkte sind Freilandforschung an Tierprimaten, Biomechanik, Kommunikationsforschung und theoretische Arbeiten. Schwerpunkte in der Lehre sind Anatomie und Nature Conservation Management.
Nächster Vortrag in dieser Reihe:
Prof. Dr. Volkmar Wirth (Theoretische Meteorologie und Atmosphärenphysik, Universität Mainz)
Wasser – Drahtzieher und Spielball im globalen Klimawandel
Mittwoch, 4. Juni 2008, 18.15 Uhr, Hörsaal N 1 (Muschel)