THEMENSCHWERPUNKT DES STUDIUM GENERALE
"DER SCHLAF – LEBENSPHÄNOMEN UND FORSCHUNGSFELD"
Prof. Dr. Dipl.-Psych. Dieter Riemann
Prof. für Psychologie, Leiter der Sektion für Klinische Psychologie und Psychophysiologie/ Schlafmedizin, Klinik für Psychiatrie und Psychosomatik, Universitätsklinikum Freiburg i. B.
Normaler und gestörter Schlaf: Auswirkungen auf Verhalten und Befinden
Dienstag, 16. Januar 2007, 18.15 Uhr, Hörsaal N 3 (Muschel)
Quantitativ und qualitativ erholsamer Schlaf ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass wir tagsüber in der Lage sind, die an uns gestellten Anforderungen im beruflichen, privaten und sozialen Bereich gut zu bewältigen. Insbesondere unsere psychische Ausgeglichenheit ist von der Qualität unseres Nachtschlafs abhängig. Im Bereich der psychiatrischen Schlafforschung beschäftigt man sich seit mehr als 3 Jahrzehnten vor allen Dingen mit dem Zusammenhang zwischen Schlafqualität und depressiven Erkrankungen. Depressive Erkrankungen gehen fast immer mit Störungen der Schlafkontinuität, d.h. Beeinträchtigungen des Ein- und Durchschlafens, frühmorgendlichem Erwachen sowie einer Reduktion des Tiefschlafs und einer Vorverlagerung des REM-Schlafs einher. Insbesondere das Phänomen der REM-Schlaf-Desinhibition hat das Interesse biologisch-psychiatrisch orientierter Forschung auf sich gezogen. Ergebnisse aus der tierexperimentellen Forschung lassen vermuten, dass eine Vorverlagerung des REM-Schlafs als Ausdruck einer gestörten zentralnervösen cholinerg-aminergen Transmitter-Imbalance zu interpretieren ist. Interessanterweise greifen die meisten antidepressiv wirksamen Psychopharmaka in die Regulation von Non-REM- und REM-Schlaf ein, indem sie den REM-Schlaf zum Teil massiv unterdrücken, somit eine Korrektur des frühen Auftretens von REM-Schlaf bei der Depression erwirken. Das Ausmaß der Gestörtheit des Schlafs könnte zudem ein Prädiktor für das Ansprechen auf verschiedene Therapieformen, sei es psychotherapeutischer oder psychopharmakologischer Art, bei depressiven Erkrankungen sein. Ein Paradoxon der Beschäftigung mit der Thematik Schlaf und Depression ist die Tatsache, dass Schlafentzug bei depressiven Patienten antidepressive Wirksamkeit entfaltet. Dieser Effekt tritt besonders bei Patienten auf, die eine ausgeprägte tagesschwankende Stimmung mit einem Morgentief haben. In den letzten Jahren mehren sich zudem Hinweise dafür, dass nicht nur Depressionen mit Schlafstörungen einhergehen, sondern dass umgekehrt insomnische Beschwerden auch einen unabhängigen Prädiktor für das Auftreten depressiver Erkrankungen darstellen können. Diese Annahme stützt sich auf zahlreiche epidemiologische Daten, die in den letzten Jahren erhoben wurden. Daraus resultiert auch die Frage, ob die frühzeitige und adäquate Behandlung insomnischer Beschwerden eventuell als Frühprävention psychischer Erkrankungen angesehen werden könnte.
Prof. Dr. Dipl.-Psych. Dieter Riemann, Professor für klinische Psychologie und Psychophysiologie sowie Sektionsleiter an der Abteilung für Psychiatrie und
Psychotherapie der Universitätsklinik Freiburg.
1979 - 1985 Studium der Psychologie in München
1985 - 1986 Forschungsstipendiat der Max-Planck-Gesellschaft am Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München
1986 - 1993 Wissenschaftlicher Assistent in der Psychiatrischen Klinik des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit in Mannheim sowie Leiter des dortigen Schlaf-EEG-Labors
1988 Promotion in Psychologie in Konstanz
1992 Habilitation für Klinische Psychologie an der Universität Heidelberg
Seit 1993 Berufung auf eine C3-Professur für Klinische Psychologie und Psychophysiologie an der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsklinik Freiburg, Leiter des Schlaf-EEG-Labors und Sektionsleiter
Seit 2005 Adjunct Professor of Psychiatry an der Psychiatrischen Abteilung der Universität Rochester, USA
Vielfältige Tätigkeiten in Gremien (Leiter der AG Insomnie der DGSM, Mitglied des Vorstands der DGSM, Mitglied des wissenschaftlichen Komitees der European Sleep Research Society)
1988 Preis des Deutschen Organon Awards der Deutschen Gesellschaft für Biologische Psychiatrie
Vielfältige Forschungstätigkeiten auf dem Gebiet der psychiatrischen Schlafforschung, insbesondere zu Zusammenhängen zwischen Schlaf und Depression.
Seit mehr als 10 Jahren intensive Beschäftigung mit dem Thema Insomnie, insbesondere zu psychotherapeutischen und psychopharmakologischen Behandlungsmöglichkeiten.
Aktuelle Forschung befasst sich mit der Thematik von Schlaf und Lernen und Gedächtnis, insbesondere bei verschiedenen Formen von Schlafstörungen.
Mehr als 140 Publikationen in Peer Review Journals, Autor und Co-Autor von mehreren Büchern zur Thematik Schlaf und Schlafstörungen.
Nächster Vortrag in dieser Reihe:
Prof. Dr. Irene Tobler (Professorin für Zoologie, Institut für Pharmakologie und Toxikologie, Universität Zürich)
Vergleichende Schlafforschung: Von Fliegen, Mäusen und Menschen
Dienstag, 23. Januar 2007, 18.15 Uhr, N 3 (Muschel)