Prof. Dr. Dr. h.c. Kurt Seelmann – Vortragsexposé – Wintersemester 2004/2005

THEMENSCHWERPUNKT DES STUDIUM GENERALE
OPFER UND TÄTER

Prof. Dr. Dr. h.c. Kurt Seelmann (Basel)

Täterschutz versus Opferschutz im Strafrecht

Dienstag, 11. Januar 2005, 18.15 Uhr, Hörsaal N 3 (Muschel)

Lange ist dem Strafrecht der Vorwurf gemacht worden, es kümmere sich zu sehr um den Täter und zu wenig um das Opfer. Seit der "Renaissance der Opferorientierung" in den letzten beiden Jahrzehnten haben sich aber nach Meinung vieler Beobachter durch gesetzliche Neuregelungen, auch international, die Gewichte deutlich verschoben. Beide Sichtweisen unterstellen allerdings einen Gegensatz von Täter- und Opferschutz – eine Vorstellung, die lediglich eine hohe Anfangsplausibilität besitzt. Bei genauerer Betrachtung erweist sich zunächst, dass der Begriff des Täterschutzes ganz unterschiedlich verwendet und mitunter missverstanden wird. Weiter wird auf den zweiten Blick deutlich, dass Forderungen nach einer Besserstellung des Kriminalitätsopfers zwar sehr berechtigte Anliegen formulieren, zugleich aber nicht selten in Paradoxien hineinführen, die auch dem Opfer schaden können. Täterschutz und Opferschutz, so soll gezeigt werden, sind im modernen Rechtsstaat eng ineinander verwoben und sogar voneinander abhängig.

Kurt Seelmann, geboren 1947, Studium der Rechtswissenschaft und Philosophie, Promo¬tion 1973, Habilitation 1978 für Strafrecht, Strafprozessrecht, Rechtsphilosophie und Europäische Rechtsgeschichte. Professor für Strafrecht und Rechtsphilosophie 1978–1983 in Saarbrücken, 1983–1995 in Hamburg, seit 1995 in Basel; Ehrendoktorat der Universität Budapest. Längere Auslandsaufenthalte und Gastprofessuren an Universitäten in Italien, England, den USA und Japan. Veröffentlichungen zum Strafrecht, zur Rechtsphilosophie, zur Rechtsgeschichte und zum Medizinrecht, zuletzt u. a.: Kollektive Verantwortung im Strafrecht (2002), Gaetano Filangieri (2003), Rechtsphilosophie, 3. Aufl. (2004), Menschenwürde als Rechtsbegriff (Hrsg., 2004).

Nächster Vortrag in dieser Reihe:
Prof. Dr. Dr. Andreas Maercker
(Professor für Psychologie, Psychotherapie, Universität Zürich/Universität Trier)
Extrembelastungsfolgen bei Gewaltopfern.
Psychologische Untersuchungen zur Entstehung und Therapie
Dienstag, 18. Januar 2005, 18.15 Uhr, Hörsaal N 3 (Muschel)