Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Jan Assmann – Vortragsexposé – Wintersemester 2005/2006

THEMENSCHWERPUNKT DES STUDIUM GENERALE
»DAS GEDÄCHTNIS: LERNEN UND ERINNERN«

Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Jan Assmann
(Heidelberg/Konstanz)

Das kulturelle Gedächtnis

Dienstag, 10. Januar 2006, 18.15 Uhr, Hörsaal N 1 (Muschel)

Dank seines Gedächtnisses ist der Mensch das Tier, das sich in der Zeit zu orientieren und in weiten, in Vergangenheit und Zukunft ausgreifenden Horizonten zu leben vermag. Diese Orientierung ist aber nicht nur eine Frage seiner neurobiologischen Ausstattung, sondern auch seiner vielfältigen sozialen und kulturellen Zugehörigkeiten, der gesellschaftlichen Dynamik von Selektion und Exklusion, Speicherung, Zirkulation und Adressierbarkeit kollektiv geteilten Wissens. Kulturelle Orientierungshorizonte scheinen immer bedroht, durch ein Zuviel des Vergessens (Manfred Osten), aber vielleicht auch durch ein Zuviel des Erinnerns, wie Nietzsche meinte. Auf der gegenwärtigen Medienschwelle zum digitalen Zeitalter stellt sich die Frage nach der Zukunft des kulturellen Gedächtnisses ebenso wie die nach seinen anthropologischen Wurzeln, den »Urszenen« der kulturellen Erinnerung, mit neuer Dringlichkeit.

Jan Assmann, geb. 1938, em. Professor für Ägyptologie (Heidelberg 1976 bis 2003), Honorarprofessor für allgemeine Kulturwissenschaft an der Universität Konstanz. Zahlreiche Publikationen zur altägyptischen Geschichte, Religion, Literatur und Archäologie, sowie zur Ägyptenrezeption (Moses der Ägypter 1998, Die Zauberflöte 2005), allgemeinen Religionsgeschichte (»Kosmotheismus«/Monotheismus) und Kulturtheorie (Das kulturelle Gedächtnis). Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften und der Academia Europea; Ehrendoktor der Universitäten Münster, Yale und Jerusalem. Träger des »deutschen Historikerpreises« 1998.

Nächster Vortrag in dieser Reihe:
Prof. Dr. Ansgar F. Nünning (Engl. und Amerikan. Literatur- und Kulturwissenschaft, Univ. Gießen)
Erzählung – Erinnerung – Identität: Literatur und kulturelles Gedächtnis aus literaturwissenschaftlicher Sicht
Dienstag, 17. Januar 2006, 18.15 Uhr, N 1 (Muschel)