THEMENSCHWERPUNKT DES STUDIUM GENERALE WAHRNEHMUNG UND WIRKLICHKEIT
Prof. Dr. Dr. Hanns Hatt (Bochum)
Riechen beim Menschen: Molekulare Mechanismen der Duftwahrnehmung
Dienstag, 22. Januar 2008, 18.15 Uhr, Hörsaal N 3 (Muschel)
"Ich kann Dich nicht riechen", ein seit langem bekannter Ausspruch, für den die Wissenschaft in den letzten Jahren die zugrunde liegenden molekularen und zellulären Prozesse erarbeitet hat. Durch den enormen Fortschritt in bio- und gentechnologischen Methoden gelang der entscheidende Durchbruch in unserem Verständnis, wie es möglich ist, tausende verschiedener Gerüche wahrzunehmen und zu unterscheiden, selbst in geringsten Konzentrationen. Es wurden spezifische Erkennungs- und Verstärkungsproteine entdeckt, die die Natur entwickelte, um die enorme Leistungsfähigkeit des Geruchssinns zu ermöglichen. Das menschliche Genomprojekt lieferte dann die entscheidenden Informationen, um die spezifischen molekularen Komponenten der Geruchswahrnehmung, die Riechrezeptoreiweiße, in der menschlichen Nase vollständig (insgesamt ca. 350) zu identifizieren. Mit Hilfe von molekularbiologischen Techniken, kombiniert mit modernen bildgebenden und elektrophysiologischen Verfahren, konnten wir inzwischen einige menschliche Rezeptoren hinsichtlich ihrer Spezifität und Sensitivität charakterisieren. Die Analyse des rezeptiven Feldes dieser Rezeptoren zeigte eine bemerkenswerte Fähigkeit der Rezeptorproteine, selbst strukturell sehr nah verwandte Duftmoleküle zu unterscheiden. Außerdem gelang es erstmals, diese Rezeptoren auch außerhalb der Nase auf Spermien nachzuweisen und einen kompetitiven Antagonisten zu finden. Die Ergebnisse werden dazu beitragen, Phänomene wie die der Adaptation oder der "Geruchsblindheit" besser zu erklären, zeigen aber auch, dass die Informationsverarbeitung im Riechsystem sehr viel komplexer ist als bisher angenommen. Sie genau zu verstehen, ist gerade in der heutigen Zeit, in der wir uns wieder zunehmend der Bedeutung von Düften für unser Leben bewusst werden, besonders wichtig.
Prof. Dr. Dr. Dr. med. habil. Hanns Hatt wurde 1947 in Illertissen geboren. Er studierte an der Universität München Biologie und Chemie. An seine Promotion in Biologie schloss sich das Studium der Humanmedizin an mit Approbation und Promotion in Medizin. 1991 erhielt er einen Ruf auf eine Professur in Physiologie am Klinikum r. d. Isar/München. 1992 wurde er auf den Lehrstuhl für Zellphysiologie der Ruhr-Universität Bochum berufen. Seine Forschungsschwerpunkte liegen auf dem Gebiet der Sinnes- und Neurophysiologie. Schwerpunktmäßig wird dabei die Wirkung von Düften von Drosophila bis hin zum Menschen untersucht. Er ist Mitglied des Senats der Ruhr-Universität Bochum und der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften sowie der New York Academy of Sciences.
Abschlussvortrag dieser Reihe:
Prof. Dr. Torsten Dau (Centre for Applied Hearing Research, Technical Univ. of Denmark)
Signalanalyse beim Hören: Von der Nervenzelle zur komplexen Perzeption
Dienstag, 29. Januar 2008, 18.15 Uhr, N 3 (Muschel)