Studium generale: Themenschwerpunkt
"Naturschutz und Wissenschaft Theorie – Praxis – Wissenstransfer"
Prof. Dr. Eckard Rehbinder
Verwissenschaftlichung des Naturschutzrechts und richterliche Verantwortung – Zum Umgang der Juristen mit ökologischen Erkenntnissen
Montag, 1. Dezember 2008, 18.15 Uhr, Hörsaal N 3 (Muschel)
Der Vortrag geht der Frage nach, wie der Richter mit dem modernen Naturschutzrecht umgeht, das sich zunehmend wissenschaftlicher Begriffe aus der Ökosystemforschung bedient. Bei der Auslegung ökologischer Begriffe ist die Bereitschaft der Gerichte groß, sich auf die Ökosystemforschung einzulassen, während bei der Tatsachenfeststellung und hierbei insbesondere der Prognose Probleme sichtbar werden. Die richterliche Einschätzung von Erkenntnisdefiziten der Ökosystemforschung scheint stark von einem außerhalb der Ökologie gewonnenen Erfahrungshorizont geprägt und reflektiert nicht ausreichend, dass sich aus dem Untersuchungsgegenstand Natur immanente Erkenntnisgrenzen ergeben. Das zur Bewältigung von Erkenntnisproblemen herangezogene Vorsorgeprinzip erweist sich nur als bedingt tauglich, wenn man mit der Rechtsprechung eine Art Negativbeweis verlangt. Statt darauf abzustellen, dass nach besten wissenschaftlichen Erkenntnissen kein vernünftiger Zweifel bestehen darf, dass erhebliche Beeinträchtigungen der Natur ausgeschlossen sind, wäre es realistischer, an eine hohe oder weit überwiegende Wahrscheinlichkeit anzuknüpfen.
Prof. em. Dr. Eckard Rehbinder: Studium der Rechtswissenschaft in Frankfurt und Berlin. Im Jahre 1969 Berufung an die neue Juristische Fakultät in Bielefeld; von 1972 bis 2005 Professor für Wirtschaftsrecht, Umweltrecht und Rechtsvergleichung an der Goethe-Universität Frankfurt am Main, seit 2005 emeritiert; Mitglied der Forschungsstelle für Umweltrecht am dortigen Fachbereich Rechtswissenschaft. Von 1987 bis 2000 Mitglied, von 1996 bis 2000 Vorsitzender des Sachverständigenrats für Umweltfragen; Mitglied in zahlreichen, überwiegend internationalen umweltrechtlichen Gremien des Umweltrechts; Mitglied der Europäischen Akademie zur Erforschung von Folgen wissenschaftlich-technischer Entwicklungen, Bad Neuenahr-Ahrweiler. Seit 1970 Beschäftigung mit dem Umweltrecht; Autor oder Mitautor zahlreicher Bücher und Aufsätze zum Umweltrecht. Zahlreiche interdisziplinäre Forschungsvorhaben. Mitherausgeber der Zeitschrift für Umweltpolitik und Umweltrecht und der Frankfurter Schriften zum Umweltrecht.
Nächste Veranstaltung in dieser Reihe:
Dr. Nils M. Franke (Wissenschaftliches Büro Leipzig, Lehrbeauftragter Universität Mainz)
Naturschutz und Rechtsextremismus. Historische und aktuelle Befunde
Dr. Uwe Pfenning (Hochschuldozent für Umwelt- und Techniksoziologie, Universität Stuttgart)
Naturschutz und Soziologie – Chimäre oder Oxymoron?
Montag, 8. Dezember 2008, 18.15 Uhr, Hörsaal N 3 (Muschel)