Prof. Dr. Eddo Rigotti · Vortragsexposé · Wintersemester 2009/2010

Themenschwerpunkt des Studium generale
"Strategien der Kommunikation. Argumentation, Logik, Rhetorik"

Prof. Dr. Eddo Rigotti (Lugano)

Zeitgenössische Argumentationstheorie und Rhetorik: Entgegensetzungen und Zusammenhänge

Montag, 01. Februar 2010, 18.15 Uhr, Hörsaal N 1 (Muschel)

Argumentation und Rhetorik werden oft entgegengesetzt, jeweils als begründete und vernünftige Redeweise und als betrügerische, manipulatorische Instrumentierung (die Kunst, Recht zu behalten). Argumentation wird immer mehr zu einem Kernbegriff innerhalb der gegenwärtigen sozialen und politischen Debatte. Die Fähigkeit zu argumentieren, wird als eine wesentliche Tugend des demokratischen Bürgers und als eine Bedingung unseres sozialen, ethischen, politischen und – mit der finanziellen Krise – auch wirtschaftlichen Fortschritts verstanden.
Der Vortrag geht von einem Kommunikationsbegriff aus, der Kommunikation als jenen Mitteilungsaustausch definiert, der jeder menschlichen Interaktion zugrunde liegt. So ist Kommunikation eine wesentliche Bedingung der menschlichen Interaktion. In der Tat setzt jedes menschliche Unternehmen den Konsensus der Mitwirkenden voraus. Zwei Punkte sind klar: Einerseits ist vieles in der Kommunikation nicht argumentativ, vielmehr kommt es vor, dass viele Kommunikationsstrategien sich als Argumentation verkaufen, obwohl sie es nicht sind. Andererseits ist ein immer größerer Bedarf nach Argumentation festzustellen.
In der Argumentation ist der Unterschied zwischen Rationalität (logischer Folgerichtigkeit) und Vernünftigkeit (Sinn machen) entscheidend, aber was verlangt Argumentation außer der logischen Schlussfolgerung, um überzeugend zu sein?
Paradoxerweise ist die Rhetorik der Antirhetorik eine der gefährlichsten Versuchungen. Es wird erwartet, dass eine Kommunikation, wenn sie sich als wirksam erweist, unvermeidlich irreführend sein muss. Der kommunikative Erfolg wäre nur dank der Manipulation erreichbar. Zur Lösung dieses Dilemmas führt die gegenwärtige Argumentationstheorie den Begriff von Strategic Maneuvering ein, durch den die Wiederversöhnung von Argumentation und Rhetorik erreicht wird. Man wettet auf die Kompatibilität von rhetorischer Wirksamkeit (Überzeugungskraft) und argumentativer Folgerichtigkeit.

Prof. Dr. Eddo Rigotti studierte Sprachphilosophie, Allgemeine und Russische Sprachwissenschaft, lehrte als Oberassistent, Lehrbeauftragter, außerordentlicher und ordentlicher Professor an verschiedenen italienischen Universitäten (Trient, Mailand, Cosenza, Brescia). Dann war er Gründungsdekan der Kommunikationswissenschaftlichen Fakultät der Universität der Italienischen Schweiz (1997―2002), wo er heute als ordentlicher Professor für verbale Kommunikation und Argumentationstheorie arbeitet. Seit dem Jahr 1999 leitet er das Institut für Linguistik und Semiotik. Seinen aktuellen Forschungsschwerpunkt bilden der inferentielle und der kulturbezogene Bestandteil des Argumentgefüges.

Abschlussvortrag dieser Reihe:
Prof. Dr. Harald Wohlrapp (Philosophie, Universität Hamburg)
Die Brücke von Venedig und die Stufen der Argumentation
Montag, 08. Februar 2010, 18.15 Uhr, Hörsaal N 1 (Muschel)