Das Institut für Kunstgeschichte AB Christliche Archäologie und Byzantinische Kunstgeschichte und das Studium generale laden zu folgendem Vortrag ein:
Prof. Dr. Franz Alto Bauer (München)
Geschenke als Zeichen kultureller Überlegenheit: Byzanz und der Westen
Mittwoch, 14. November 2007, 18.15 Uhr
Hörsaal des Instituts für Kunstgeschichte (Binger Str. 26)
Thema des Vortrags ist die mittelalterliche Geschenkdiplomatie. Dabei werden zunächst byzantinische Objekte, vor allem Elfenbeine, vorgestellt, die in der Kunstproduktion des Westens Wiederverwendung fanden. Dabei zeigt sich, dass diese in ihrem neuen Kontext geradezu wie Reliquien dem Betrachter vorgeführt werden, um zu zeigen, dass man auch in Westeuropa Anteil hatte an der vorbildhaften Hochkultur von Byzanz. In einem zweiten Schritt werden literarische Quellen analysiert, die das Staunen der Empfänger über die Exklusivität dieser Objekte zum Ausdruck bringen. Indem der byzantinische Kaiser gezielt Luxusobjekte veräußerte, erzeugte er bei den Empfängern den Wunsch nach Besitz weiterer solcher Objekte und damit eine latente Unterordnung unter die Hochkultur von Byzanz.
Diese Vermutung bestätigt ein Blick auf das Empfangszeremoniell im Kaiserpalast von Konstantinopel, der den dritten Teil des Vortrags bildet. Wir erfahren, dass der Palast bei Empfängen auswärtiger Gesandter reich dekoriert wurde und aus allen Kirchen der Stadt Schmuck in die Empfangsräume gebracht wurde. In diesen Momenten stellte sich Byzanz als märchenhafte Schatzkammer dar, an der man teilhaben wollte.
Letztlich trug die byzantinische Geschenkpolitik zur Plünderung Konstantinopels i. J. 1204 bei. Die im Westen verstreuten byzantinischen Objekte ließen den Wunsch nach Teilhabe an der oströmischen Hochkultur so stark werden, dass die gewaltsame Aneignung der ersehnten Pretiosen nur logisch scheint. Byzanz war damit Opfer seiner eigenen Geschenkepolitik geworden.
Prof. Dr. Franz Alto Bauer: Seit 2006 Professor für Spätantike und Byzantinische Kunstgeschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität. 1993 Promotion mit einer Arbeit über die Ausstattung des öffentlichen Raums in den spätantiken Städten Rom und Konstantinopel. 2001 Habilitation an der Universität Basel mit einer Arbeit über die Bau- und Ausstattungspolitik der frühmittelalterlichen Päpste. Stipendien, wissenschaftliche Anstellungen und Vertretungsprofessuren in Rom (Bibliotheca Hertziana, DAI), Istanbul (DAI), New York (Columbia University), Washington (Dumbarton Oaks) und Zürich (Universität Zürich). Zu seinen derzeitigen Beschäftigungsgebieten zählt die Inszenierung des Heiligen im Frühmittelalter und die Bedeutung mobiler Gegenstände als Repräsentationsmedium.
Literatur: O. Demus, Byzantine Art and the West, New York 1970; H. A. Klein, Aspekte der Byzanz-Rezeption im Abendland, in: Byzanz – Die Macht der Bilder (Kat. zur Ausstellung in Hildesheim), Hildesheim 1998, 122–153; W. Wixom, Byzantine Art and the Latin West, in: Glory of Byzantium, Katalog zur Ausstellung in New York, New York 1997, 435–449; F. A. Bauer, Potentieller Besitz: Geschenke im Rahmen des byzantinischen Hofzeremoniells, in: ders., (Hg.), Visualisierungen von Herrschaft. Frühmittelalterliche Residenzen – Gestalt und Zeremoniell (= Byzas 5), Istanbul 2006, 135–169.