Prof. Dr. Friedemann Kreuder – Vortragsexposé – Sommersemester 2012

STUDIUM GENERALE: MAINZER UNIVERSITÄTSGESPRÄCHE
"WER IST ICH?"

Prof. Dr. Friedemann Kreuder (Mainz)

Spielräume der Identität – Gespielte Identitäten

Mittwoch, 6. Juni 2012, 18:15 Uhr, Hörsaal N 1 (Muschel)

Es kann als spezifische Eigenart des Theaterschauspielers gelten, dass er im Material seiner eigenen Körperlichkeit eine vom Autor vorentworfene Figur wie etwa Hamlet darstellt und dabei auch auf der Ebene seiner Wahrnehmung durch die Zuschauer zwischen sich und der Existenzform eines Anderen vermittelt. Von daher überschreitet schauspielerische Praxis regelmäßig durch gesellschaftliche Klassifikationen von Identität hervorgebrachte Grenzen. Dies betrifft zum einen die Grenzen zwischen Nationalitäten, Religionen und sozialen Schichten. Theatrale Praktiken problematisieren aber auch die durch starre Zuschreibungen festgefahrenen oder gar biologisch gerahmten Kategorisierungen von geschlechtlicher oder auch ethnischer Identität. Hier erweisen sich schauspielende Akteure als Spezialisten einer Form von kultureller Kommunikation, die Spielräume der Identität eröffnen, indem sie auf der Basis ihrer Körperlichkeit gespielte Identitäten grundsätzlich als solche ausstellen. Der Vortrag arbeitet diese intellektuelle Leistung des körperlichen Tuns anhand von Beispielen aus aktuellen Inszenierungen heraus.

Prof. Dr. Friedemann Kreuder ist seit 2005 Leiter der Abteilung Theaterwissenschaft am Institut für Film-, Theater- und empirische Kulturwissenschaft der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und Sprecher des Internationalen Promotionsprogramms Performance and Media Studies; nach dem Studium an der Universität Mainz wissenschaftlicher Mitarbeiter und Assistent am Institut für Theaterwissenschaft der Freien Universität Berlin; 2001 Abschluss der Promotion zum Theater Klaus Michael Grübers; 2005 Habilitation im Fach Theaterwissenschaft am Fachbereich Philosophie und Geisteswissenschaften der Freien Universität Berlin (Habilitationsschrift: "Spielräume der Identität in Theaterformen des 18. Jahrhunderts"); Gastdozenturen am Gilmorehill Centre for Theatre, Arts and TV der University of Glasgow, am Institut für Theaterwissenschaft der Universität Bern, am Samuel Beckett Centre des Trinity College, Dublin, und am ZKM in Karlsruhe, sowie Gastprofessur am Studiengang Schauspieltheater-Regie des Instituts für Theater, Musiktheater und Film der Universität Hamburg. Publikationen zu Richard Wagner, zum Geistlichen Spiel, zum Theater des 18. Jahrhunderts und zum Gegenwartstheater.

Nächster Vortrag in dieser Reihe:
Prof. Dr. Hans J. Markowitsch
(Physiologische Psychologie, Universität Bielefeld)
Das autobiographische Gedächtnis bestimmt das Ich
Mittwoch, 13. Juni 2012, 18.15 Uhr, Hörsaal N 1 (Muschel)