Prof. Dr. Georg W. Bertram – Vortragsexposé – Sommersemester 2016

Interdisziplinäre Vorlesungsreihe des Studium generale:
KUNST – MACHT – MORAL

Prof. Dr. Georg W. Bertram
(Freie Universität Berlin)

Worin liegt die (praktische) Bedeutung der Kunst für den Menschen?

Montag · 25. April 2016 · 18:15 Uhr · N 1 (Muschel)

Kunst ist eine eigentümliche menschliche Praxis. Menschen investieren viel Zeit und Energie in die Hervorbringung von und Auseinandersetzung mit Kunstwerken. Dabei aber erfüllt Kunst dem ersten Augenschein nach innerhalb des menschlichen Lebens keine besondere Funktion. Diese Einschätzung allerdings basiert, wie die Überlegungen des Vortrags zeigen sollen, auf einem falschen Verständnis menschlicher Praxis. Diese ist davon geprägt, dass Menschen nicht nur einfach auf eine spezifische Weise leben und handeln, sondern die Art und Weise, wie sie handeln, immer wieder kritisch revidieren. Dazu allerdings bedürfen sie Praktiken, die es ihnen erlauben, eine solche kritische Reflexion zu entwickeln. Kunst ist eine ganz besondere Praxis im Rahmen sol¬cher Praktiken. Die Besonderheit der Kunst liegt darin, dass die Reflexion nicht durch bewusste Überlegungen zustande kommt, sondern durch Gegenstände, von denen Menschen sich in ihren Praktiken leiten lassen: Sie sehen mit Bildern, fühlen mit Figuren literarischer Texte und hören mit Musikstücken. Die durch Kunst geleitete Reflexion ist so als primär praktisch zu begreifen; außerdem geht sie von Objekten aus, die um einer solchen Reflexion willen geschaffen werden. Der Vortrag soll das mit diesen Thesen angedeutete Verständnis von Kunst in seinen Grundzügen entfalten und damit einen Versuch unternehmen, die praktische Relevanz und Macht der Kunst zu erklären.

Georg W. Bertram ist seit 2007 Professor für Philosophie mit den Schwerpunkten philosophische Ästhetik und theoretische Philosophie an der Freien Universität Berlin. Er wurde 1997 an der Justus-Liebig-Universität Gießen promoviert und war danach von 2002 bis 2007 als Juniorprofessor für Philosophie an der Universität Hildesheim tätig. Zudem nahm er Gastprofessuren an den Universitäten Wien, Turin und Rom (Roma Tre) wahr. Seine Forschungsgebiete liegen in den Bereichen der Kunstphilosophie und Sprachphilosophie sowie der Erkenntnistheorie, der Philosophie des Selbstbewusstseins und der Theorie der Normativität und Rationalität. Historische Schwerpunkte hat er in der Philosophie Hegels und in den unterschiedlichen Traditionen der Philosophie des 20. Jahrhunderts. Er ist Autor und Herausgeber unterschiedlicher Bücher und Autor vieler Aufsätze zu allen Arbeitsgebieten. Ausgewählte Monographien: Kunst. Eine philosophische Einführung (2005), Sprachphilosophie zur Einführung (2011), Kunst als menschliche Praxis. Eine Ästhetik (2014).

Nächster Vortrag in dieser Reihe:
Prof. Dr. Fabian Wittreck
(Inhaber der Professur für Öffentliches Recht, Rechtsphilosophie und Rechtssoziologie, Direktor des Instituts für Öffentliches Recht und Politik, Rechtswissenschaftliche Fakultät, Westfälische Wilhelms-Universität Münster)
Recht als Grund und Grenze der Kunstfreiheit
Montag · 9. Mai 2016 · 18:15 Uhr · N 1 (Muschel)