Themenschwerpunkt
″Zu Risiken und Nebenwirkungen …″ – Pharmazeutische Forschung, Markt und Verantwortung
Prof. Dr. Gerhard Klebe
Arbeitsgruppenleiter, Institut für Pharmazeutische Chemie und LOEWE-Zentrum für Synthetische Mikrobiologie, Philipps-Universität Marburg
An Strukturen lernen:
Wie die moderne Arzneistoffforschung heute neue Leitstrukturen entdeckt
Dienstag, 10. Januar 2017, 18:15 Uhr, Hörsaal N 1 (Muschel)
Die Entwicklung eines neuen Arzneimittels ist einerseits mit enormen Kosten verbunden. Auf der anderen Seite verstehen wir immer besser, wie ein Arzneistoff auf molekularer Ebene seine Wirkung entfaltet. Umso mehr fragt man sich, ob dieses Verständnis nicht genutzt werden kann, Arzneistoffe wie am Reißbrett gezielt zu entwerfen. Obwohl man diesem Ziel in den letzten 30 Jahren schon deutlich näher gekommen ist, verhindert die Komplexität der involvierten Vorgänge den Erfolg eines solchen rein rationalen Vorgehens. Denn zunächst muss geklärt werden, wieso die Wirkung von Molekülen an deren räumliche Struktur geknüpft ist und wie man die räumliche Struktur solcher Moleküle aufklärt. Wie kann man dann, einer Schablone gleich, für die Bindestelle dieser biologischen Zielmoleküle neue Arzneistoffe entwerfen? Das Bild von Schlüssel und Schloss wird häufig zur Verdeutlichung der Verhältnisse herangezogen, doch leider sind Schlüssel und Schloss flexibel und die Möglichkeiten, Schlüssel zu feilen, sind unendlich groß. Auch braucht es manchmal universell einsetzbare Generalschlüssel, manchmal aber hochselektive, für ein einziges Schloss passende Spezialschlüssel. Hier den richtigen Weg schnell und effizient zu beschreiten, ist nach wie vor eine große Herausforderung.
Gerhard Klebe, studierte Chemie an der Universität Frankfurt und promovierte in Physikalischer Chemie. Als Stipendiat der Studienstiftung verbrachte er ein Jahr am CNRS (Lab. de Cristallographie bei E.F. Bertaut) und ILL (Neutronenbeugung) in Grenoble, Frankreich. Nach Postdoktoraten in der Kristallographie (H. Fuess und H. B. Bürgi) wechselte er in die BASF AG in Ludwigshafen und arbeitete im Bereich Molecular Modeling und Kristallographie. An der Universität Heidelberg habilitierte er sich 1992 für das Fach Pharmazeutische Chemie und Strukturchemie. Im Sommer 1996 übernahm er den Lehrstuhl für Pharmazeutische Chemie an der Universität Marburg. Der Schwerpunkt der dort entstandenen Arbeitsgruppe liegt auf dem Gebiet des Wirkstoffdesigns, wobei alle Aspekte der Wechselwirkung kleiner Moleküle mit Proteinen untersucht werden. Aus der Gruppe entstanden mehr als 350 Veröffentlichungen und mehr als 530 hinterlegte Kristallstrukturen in der Proteindatenbank (Web-of Science: >14200 citations/H-Index 54, Google Scholar: >19450/H-Index: 61). Im Jahr 2011 erhielt er einen ERC Advanced Grant zur Unterstützung der Forschung in seiner Gruppe. 2012 verlieh ihm die Deutsche Pharma¬zeutische Gesellschaft die Mannich-Medaille. Weitere Details auf: www.agklebe.de.
Nächster Vortrag in dieser Reihe:
Prof. Dr. Irene Krämer
(Direktorin der Apotheke der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz)
Die sichere Arzneimittelversorgung in Theorie und Praxis – Klinische Pharmazeuten helfen, Arzneimittel richtig anzuwenden
Dienstag, 17. Januar 2017, 18:15 Uhr, Hörsaal N 1 (Muschel)