Das Seminar für Klassische Philologie, »Antike und Europa e.V.« und das Studium generale laden zu folgendem Gastvortrag ein:
Prof. Dr. Glenn W. Most (Pisa)
Dantes Griechen
Donnerstag, 22. Juni 2006, 18.15 Uhr
Hörsaal 13, Forum 7/Johann-Joachim-Becher-Weg 4
Wer waren die Griechen für Dante? Natürlich konnte Dante praktisch kein Griechisch, und er vermochte nur die griechische Literatur und diejenigen philosophischen Werke zu lesen, die direkt ins Lateinische übersetzt oder vom Arabischen ins Lateinische übertragen waren. Wer die Griechen waren und welche Bedeutung sie für die Weltgeschichte hatten, scheinen für ihn aber sehr wichtige Fragen gewesen zu sein.
In einem Sonett Dantes heißt es von der Melancholie, sie spreche "wie ein Grieche". Der Vortrag beginnt mit diesem Sonett und wendet sich danach Dantes kleineren Werken zu, um die Rolle der Griechen in seinen sprachlichen, historischen, politischen, philosophischen und literarischen Betrachtungen zu untersuchen. Sodann werden Dantes Verweise auf Griechen in der "Göttlichen Komödie" in den Blick genommen. Eine eingehende Interpretation der Begegnung mit Odysseus (Inferno, 26. Gesang) schließt diesen Teil ab. Am Schluss wendet sich der Vortrag erneut dem Sonett zu, um es auf der Basis von Dantes Gesamtwerk noch einmal zu problematisieren und zu erörtern. Die Ergebnisse werden überraschend sein – und beunruhigend.
Glenn W. Most (Jahrgang 1952) hat in Amerika und in Europa Klassische Philologie (D. Phil. 1980 Tübingen) und Vergleichende Literaturwissenschaft (Ph.D. 1980 Yale) studiert. Er hat an den Universitäten Yale, Princeton, Michigan, Siena, Innsbruck und Heidelberg gelehrt und ist seit 2001 Professor für Gräzistik an der Scuola Normale Superiore di Pisa und gleichzeitig seit 1996 Professor im Committee for Social Thought an der University of Chicago. Er hat Abhandlungen zur Klassischen Philologie, zur Geschichte der Altertumswissenschaft und zur Literaturtheorie verfasst bzw. herausgegeben sowie zahlreiche Aufsätze, Rezensionen und Übersetzungen zu diesen Gebieten und auch zur neueren Philosophiegeschichte und modernen Literaturwissenschaft. Er ist Mitherausgeber von fünf philologischen bzw. philosophischen Zeitschriften. 1994 erhielt er den Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Im letzten Jahr veröffentlichte er eine Monographie über den Ungläubigen Thomas und eine amerikanische Edition und Übersetzung von Sebastiano Timpanaros Studie zur Genese der Lachmannschen Methode; seine neue Loeb-Ausgabe von Hesiod erscheint Sommer 2006.