Mainzer Universitätsgespräche
"Im Bann der Dinge. Materialität und Lebensstil"
Prof. Dr. Gudrun M. König
Professorin am Institut für Kunst und Materielle Kultur, Leiterin des Seminars für Kulturanthropologie des Textilen, Technische Universität Dortmund
Begehrte Waren:
Warenhausdiebstahl und Konsumkultur um 1900
Mittwoch, 11. Januar 2017, 18:15 Uhr, Hörsaal N 1 (Muschel)
Der Vortrag nutzt das Exempel Warenhausdiebstahl, um einen Einblick in die Konsumkultur um 1900 zu geben. Das illegitime Verhalten wird zum einen als Indiz für legitime Wünsche interpretiert, zum anderen erlauben Quellen wie Vernehmungsprotokolle und Warenlisten einen konkreten Blick auf die begehrten Waren. Im Zentrum des Vortrags steht die aktenkundige Fallgeschichte einer Diebstahlsbande um 1920. Drei Fragenkomplexe strukturieren die Fallanalyse: Welche Güter waren so begehrt, dass sich der Diebstahl lohnte? Welche Hinweise auf strukturelle Momente des alltäglichen Konsumierens lassen sich herausfiltern? Welche Wanderungen medizinischer und juristischer Interpretamente sowie verkaufstechnischer und konsumorientierter Wissensbestände beherbergen die Beschuldigungen, Aussagen und Polizeiprotokolle? Der Vortrag unternimmt damit den Versuch, sich über das illegitime Verhalten der Faszination und dem konsumkulturellen Versprechen der Warenwelt zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu nähern.
Univ.-Prof. Dr. Gudrun M. König ist Professorin am Institut für Kunst und Materielle Kultur der Technischen Universität Dortmund und Dekanin der Fakultät für Kunst- und Sportwissenschaften. Sie studierte Empirische Kulturwissenschaft, Soziologie und Politikwissenschaft an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen. Daran schlossen sich ein wissenschaftliches Volontariat und eine Ausstellungstätigkeit am Württembergischen Landesmuseum in Stuttgart an. König wurde mit einer Dissertation zur Kulturgeschichte des Spaziergangs 1994 promoviert und war von 1995 bis 2007 wissenschaftliche Assistentin am Ludwig-Uhland-Institut der Eberhard-Karls-Universität Tübingen. Außerdem war sie von 1997 bis 2000 Margarete von Wrangell-Habilitationsstipendiatin. Ihre Schwerpunkte sind: Analyse materieller Kultur, Kulturanthropologie des Textilen, Konsumgeschichte, Kulturgeschichte, Historische Anthropologie, Museologie und Ethnographie des Alltags.
Zu ihren zahlreichen Publikationen zählen u.a. Alltagsdinge. Erkundungen der materiellen Kultur (Tübingen 2005); Konsumkultur. Inszenierte Warenwelt um 1900, (Wien 2009); Die Materialität der Erziehung. Zur Kultur- und Sozialgeschichte pädagogischer Objekte (Mithrsg. Beiheft für die Zeitschrift für Pädagogik, August 2012), sowie Die Wissenschaften der Mode (herausgegeben mit Gabriele Mentges und Michael R. Müller, Bielefeld 2015).
Nächster Vortrag in dieser Reihe:
Dr. Stefan Gauß
(Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Arbeitsstelle für kulturgeschichtliche Studien, Universität der Künste Berlin)
Die Dinge der "industriellen Massenkultur".
Materialität und Lebensstil in historischer Perspektive
Mittwoch, 18. Januar 2017, 18:15 Uhr, Hörsaal N 1 (Muschel)