Prof. Dr. Hannes Rakoczy – Vortragsexposé – Sommersemester 2015

Studium generale: Mainzer Universitätsgespräche

"Die Evolution der Kooperation"



Prof. Dr. Hannes Rakoczy

Professor für Biologische Entwicklungspsychologie, Georg-August-Universität Göttingen

Die frühkindliche Entwicklung kollektiver Intentionalität

Mittwoch, 22. April 2015, 18:15 Uhr, Hörsaal N 1 (Muschel)



"Menschliche Kinder und Menschenaffen entwickeln – entgegen vorherigen Annahmen – in analoger Weise einfache Intentionalität zweiter Ordnung, verstehen andere und sich in einfacher Form als intentionale Subjekte. Aber bei Menschenaffen bleiben diese Fähigkeiten auf ein Verstehen der anderen als handelnden Individuen … in strategischen, meist kompetitiven Situationen beschränkt. Bei menschlichen Kindern jedoch ist intersubjektives Verstehen nicht in dieser Weise beschränkt: Aufbauend auf einfacher individueller Intentionalität zweiter Ordnung ab etwa einem Jahr, entwickelt sich im Laufe des zweiten Lebensjahres der "Sinn für andere als kooperative PartnerInnen" und damit der Eintritt in kollektive Intentionalität. Plakativ gesprochen: Menschenaffen teilen Intentionalität nur im schwachen (summativen) Sinne, so wie Millionen vor den Fernsehern Aufmerksamkeit auf ein Fußballspiel teilen. Menschliche Kinder jedoch teilen Intentionalität in dem stärkeren Sinne der Bildung von "Wir"-Einstellungen, so wie die elf Spieler einer Fußballmannschaft Aufmerksamkeit auf ein Spiel teilen." (Hannes Rakoczy & Michael Tomasello, Kollektive Intentionalität und kulturelle Entwicklung, 2008)



Hannes Rakoczy ist seit 2009 Professor für Biologische Entwicklungspsychologie an der Georg-August-Universität Göttingen. Zuvor war er viele Jahre im Team von Michael Tomasello am Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie in Leipzig. Forschungsinteressen: Frühkindliches Verständnis von Normativität, die Entwicklung von theory of mind und deren Verhältnis zu Sprache und exekutiver Funktion, Entwicklung von Als-ob-Spiel und Fantasie, vor- und nichtsprachliche Kognition bei Säuglingen und Menschenaffen.

Nächster Vortrag in dieser Reihe:

Prof. Dr. Andreas Diekmann (Professor für Soziologie, Departement für Geistes-, Sozial- und Staatswissenschaften, Eidgenössische Technische Hochschule ETH Zürich, Schweiz)

Warum der Krieg aller gegen alle nicht (immer) stattfindet.

Bedingungen sozialer Kooperation bei Vertrauensproblemen und wirtschaftlichen Transaktionen


Mittwoch, 29. April, 18:15 Uhr, N 1 (Muschel)