Prof. Dr. Hermann Häring – Vortragsexposé – Wintersemester 2005/2006

STUDIUM GENERALE: MAINZER UNIVERSITÄTSGESPRÄCHE
»NORMEN UND KULTUREN«

Prof. Dr. Hermann Häring (Nijmegen)

Weltethos – Werteorientierung für Kulturen?

Mittwoch, 11. Januar 2006, 18.15 Uhr, Hörsaal N 3 (Muschel)

Das Projekt Weltethos geht von einem phänomenologisch vergleichenden Ansatz aus: Im Blick auf das Welthandeln sind den Weltreligionen vier verpflichtende Grundsätze gemeinsam, die vom Grundprinzip der Humanität geleitet werden: Gewaltlosigkeit, Solidarität, Toleranz und Gleichberechtigung. Diese sind für die Gestaltung des Weltfriedens unverzichtbar. Doch wird damit keine Problemlösung, sondern eine visionäre Programmlinie, eine Rahmenorientierung vorgegeben, die vielfältiger Konkretisierung bedarf. Dies wird in drei Schritten gezeigt: (1) Die bisherigen Programmtexte verfolgen eine doppelte Strategie. Einerseits werden globale Rahmenbedingungen und Handlungsanweisungen genannt, andererseits ruft das Projekt die Weltreligionen dazu auf, ihre kulturell unterschiedlichen Wege zu verfolgen und weiterzu¬entwickeln. (2) Die genannten Grundsätze können als sachliche Anweisungen, als Normen oder als Werte verstanden werden. Wie ist die (interkulturelle) Tiefenstruktur und Dynamik dieser verschiedenen Bedeutungsebenen zu verstehen und wie hängen sie zusammen? (3) Das Projekt setzt voraus, dass es für die Probleme des Weltfriedens eine gemeinsame Verständigungsbasis geben kann. Sie wird hier an Hand der Frage besprochen, ob und wie wir Werte (verstanden als die Grundlage von Normen und ethi¬schen Regeln) auf einem vor- oder transkulturellen Niveau überhaupt entwickeln und verstehen können.

Prof. em. Dr. Hermann Häring, geb. 1937 (Pforzheim), studierte Philosophie in München (1958–1961) und nach praktischer Ausbildungstätigkeit (1961–1964) kath. Theologie in Tübingen (1964–1968). Promotion (1970) über die Bultmannschule, Habilitation (1978) über das Böse bei Augustin. 1970–1980 Wissenschaftliche Tätigkeit am Institut für ökumenische Forschung (H. Küng) in Tübingen. 1980–1999 Lehrstuhl für Dogmatische Theologie in Nijmegen, 1999–2005 Professur für Wissenschaftstheorie und Theologie, zugleich Leiter des Interdisziplinären Instituts für Religion, Wissenschaft und Kultur (Heyendaal Instituut) an der Universität Nijmegen. Seit August 2005 emeritiert. Forschungsgebiete: Ekklesiologie und Christologie, Fragen des Bösen, neuere Entwicklungen in der Theologie, Fragen zu Hermeneutik und interdisziplinärer Forschung, insbesondere zum Verhältnis von Theologie und Naturwissenschaften.

Literatur: www.Weltethos.org (insbes: Literatur zur Weltethosdebatte), vor allem Christel Hasselmann, Die Weltreligionen entdecken ihr gemeinsames Ethos. Der Weg zur Weltethoserklärung. Mit einem Vorwort von Hans Küng, Mainz 2002.

Nächster Vortrag in dieser Reihe:
Prof. Dr. Ram Adhar Mall (Professor für Philosophie, Universität Bremen und LMU München)
Ethische Fragestellungen und Lösungsansätze in West und Ost
Mittwoch, 25. Januar 2006, 18.15 Uhr, Hörsaal N 3 (Muschel)