Prof. Dr. Irene Tobler – Vortragsexposé – Wintersemester 2006/2007

THEMENSCHWERPUNKT DES STUDIUM GENERALE
"DER SCHLAF – LEBENSPHÄNOMEN UND FORSCHUNGSFELD"

Prof. Dr. Irene Tobler
Prof. für Zoologie, Leiterin des Tierschlaflabors am Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Universität Zürich

Vergleichende Schlafforschung – Von Fliegen, Mäusen und Menschen

Dienstag, 23. Januar 2007, 18.15 Uhr, Hörsaal N 3 (Muschel)

Der Schlaf des Menschen ist aus verschiedenster Sicht untersucht worden. Und doch bleibt es ein Rätsel, weshalb guter Schlaf zum Gefühl der Erholung und zu besseren Leistungen am Tag führt. Der menschliche Schlaf ist in die 2 Hauptstadien nonREM Schlaf und REM Schlaf unterteilt, was die Frage aufwirft, ob den beiden Stadien eine unterschiedliche Funktion zukommt.
Die vergleichende Schlafforschung innerhalb der Säugetiere, wie auch unter Einbezug von Vögeln, Reptilien und Fischen, hat viele Rätsel über die Bedeutung des Schlafs geklärt, aber auch viele neue Fragen aufgeworfen. So wissen wir z.B. heute, dass alle Säugetiere ausser dem Delphin REM Schlaf aufweisen, wenn auch in sehr unterschiedlichem Ausmass, und dass die kleinen Nagetiere sehr viel mehr Schlaf brauchen als die grossen Herbivoren. Junge Giraffen, Elefanten, Meerschweinchen und Kücken bestätigen den grösseren Schlafbedarf von Jungtieren im Vergleich zu den Erwachsenen, eine Erkenntnis, die auch für den Menschen zutrifft. Bei Winterschläfern stellt sich die Frage, ob der Winterschlaf dem natürlichen Nacht- oder Tagesschlaf entspricht. Die Beobachtung, dass Delphine nur mit einer Hirnhälfte im Tiefschlaf verweilen können während die andere Hirnhälfte sich im Wachzustand befindet, hat zum neuen Konzept des „lokalen“ Schlafs beigetragen. Aber auch die Erforschung der Evolution des Schlafs hat zu spezifischen Fragen geführt: Schlafen Ameisenigel wie andere Säuger? Weisen auch Vögel, Reptilien und Fische die beiden Schlafstadien auf? Schliesslich haben Untersuchungen des Schlafs der Biene und der Fruchtfliege Drosophila wichtige neue Perspektiven zum Ursprung des Schlafs eröffnet. So gibt es auch unter den Fliegen Kurz- und Langschläfer, und Fliegenmännchen schlafen mehrere Stunden länger als die Weibchen! Auch Fliegen werden nach Koffein wacher, und sie schlafen länger und tiefer nach einer durchwachten Nacht. Die vielen Fliegenmutanten eröffnen die Möglichkeit genetischen Aspekten des Schlafs nachzugehen. So tragen alle diese Forschungsansätze zur Erweiterung unseres Wissens und zum Verständnis des Schlafs und seiner Vielfalt bei.

Prof. Dr. Irene Tobler ist seit 1995 Professorin für Zoologie an der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Zürich. Sie leitet das Tierschlaflabor der Sektion Psychopharmakologie und Schlafforschung am Institut für Pharmakologie und Toxikologie. Von 2000 bis 2004 war sie Präsidentin der Europäischen Gesellschaft für Schlafforschung.

Nächster Vortrag in dieser Reihe:
Prof. Dr. Michael H. Wiegand
(Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Somnologe, Leiter des Schlafmedizinischen Zentrums und des EEG-Labors, Klinikum rechts der Isar, TU München)
Träumen und Schlafen
Dienstag, 6. Februar 2007, 18.15 Uhr, N 3 (Muschel)