Prof. Dr. Jan Born – Vortragsexposé – Wintersemester 2006/2007

Themenschwerpunkt des Studium generale
DER SCHLAF – LEBENSPHÄNOMEN UND FORSCHUNGSFELD

Prof. Dr. Jan Born (Lübeck)

Lernen im Schlaf – Neuropsychologische und neurophysiologische Mechanismen

Dienstag, 28. November 2006, 18.15 Uhr, Hörsaal N 3 (Muschel)

Das weitaus beeindruckendste Merkmal des Schlafes ist der Verlust unseres Bewusstseins und damit einhergehend der Kontrolle unseres Verhaltens. Die Frage, welche Funktion dieser Bewusstseinsverlust hat, rückt zunehmend in das Interesse moderner Neurowissenschaften. Eine Vielzahl von Studien zeigen, dass Schlaf Gedächtnisspuren verfestigt. Dies ist kein passives Einschleifen von Erlebtem, sondern ein aktiver Prozess, bei dem die zentralnervösen Gedächtnisrepräsentationen teilweise reaktiviert und reorganisiert werden. Dadurch führt Schlaf z. B. zu einer Verbesserung von Fertigkeiten, die zuvor trainiert wurden, und zu einer Vermehrung expliziten Wissens, etwa im Rahmen von Problemlöseaufgaben. An der Konsolidierung und Restrukturierung von Gedächtnis sind die verschiedenen Stadien des Schlafes – der Traumschlaf (REM-Schlaf) und der Deltaschlaf (Tiefschlaf) – in unterschiedlicher Weise beteiligt. Eine zentrale Rolle spielen langsame elektrische Potenzialoszillationen (slow oscillations), die den Deltaschlaf charakterisieren. Sie treiben einen "Replay" neu erworbener Gedächtnisrepräsentationen im Hippocampus an und tragen dadurch ursächlich zu einer Verfestigung explizit gelernter Inhalte im Schlaf bei.

Prof. Dr. Jan Born hat Psychologie an der Universität Tübingen studiert, sowie ein Grundstudium der Medizin an der Universität Ulm absolviert. Nach einem Forschungsaufenthalt im Department of Biological Psychology an der State University of New York at Stony Brook arbeitete er von 1981–1989 als wissenschaftlicher Mitarbeiter zunächst am Institut für Physiologische Psychologie der Universität Tübingen und dann in der Abteilung für angewandte Physiologie der Universität Ulm. Er habilitierte 1989 für Physiologie und nahm im gleichen Jahr eine Professur für Physiologische Psychologie an der Universität Bamberg an. Seit 1999 ist er Direktor des Instituts für Neuroendokrinologie an der Universität zu Lübeck. Er ist Sprecher des an den Universitäten Kiel und Lübeck eingerichteten SFB 654 "Plastizität und Schlaf".

Nächster Vortrag in dieser Reihe:
Univ.-Ass. Mag. Dr. Brigitte Steger (Institut für Ostasienwissenschaften, Universität Wien)
Andere Länder, andere Schlafsitten.
Inemuri – oder warum die Fleißigen in der Schule schlafen
Dienstag, 5. Dezember 2006, 18.15 Uhr, N 3 (Muschel)