Prof. Dr. Jürgen Wilke – Vortragsexposé – Sommersemester 2006

MAINZER UNIVERSITÄTSGESPRÄCHE
"INFORMATION – WISSEN – BILDUNG"

Prof. Dr. Jürgen Wilke
Professor für Publizistik, Johannes Gutenberg-Universität Mainz

Zeitung und Zeitunglesen am Rhein

Mittwoch, 5. Juli 2006, 18.15 Uhr, Hörsaal N 3 (Muschel)

Nicht nur die Drucktechnik ist am Rhein erfunden worden, auch die erste periodische Zeitung ist hier 1605 erschienen, in Straßburg, jedenfalls nach dem bisherigen Kenntnisstand. Das war kein purer Zufall. Und rasch sind in anderen Städten entlang dieses Stromes Zeitungen entstanden, so reichhaltig, dass ein Autor des 18. Jahrhunderts davon sprach, der Rhein sei an „beiden Ufern mit Zeitungsfabriken eingefasst“ und viel weniger einförmig als an der Donau oder der Oder. Gefördert wurde die Entwicklung auch durch die seit den siebziger Jahren dieses Jahrhunderts hier auftretenden Lesegesellschaften. Aus politischen Gründen blieb der Rhein auch im 19. Jahrhundert ein Fluss, an dem sich die Zeitungsgeschichte konzentrierte, sei es wegen seiner Grenzlage zu Frankreich, sei es wegen des bürgerlichen Selbstbewusstseins in den sich bildenden Großstädten. Diversifizierte sich hier bis ins frühe 20. Jahrhundert eine engmaschige Lokalpresse, so nach dem Zweiten Weltkrieg eine auf größere Absatzräume bezogene regionale Tagespresse, die – trotz der eingetretenen Pressekonzentration – noch über viele ortsbezogene Ausgaben verfügt. Die Entwicklung der Zeitung und des Zeitungslesens am Rhein lässt sich beschreiben als wesentlicher Teil des Kulturprozesses, in dem seit dem 17. Jahrhundert an seinen Ufern Information, Wissen und Bildung vermittelt wurde.

Prof. Dr. Jürgen Wilke, Studium der Germanistik, Publizistik und Kunstgeschichte in Mainz und Münster (Westf.), Promotion (Germanistik) 1971, Habilitation (Publizistik) 1983, 1984-1988 Lehrstuhl Journalistik I der Kath. Universität Eichstätt, seit 1988 Professor für Publizistik in Mainz. 2004 Prof. h.c. der Lomonossow-Universität Moskau, 2005 Wahl zum Korrespondierenden Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.
Wichtige Veröffentlichungen u. a.: Nachrichtenauswahl und Medienrealität in vier Jahrhunderten (1984); Die Nachrichtenmacher (zus. mit B. Rosenberger) (1991); (Hrsg.) Mediengeschichte der Bundesrepublik Deutschland (1999); Grundzüge der Medien- und Kommunikationsgeschichte (2000); The Holocaust and the Press (zus. mit A. Cohen, T. Zemach, B. Schenk) (2002).

Nächster Vortrag dieser Reihe:
Prof. Dr. Peter Strohschneider
(Vorsitzender des Wissenschaftsrates; Professor für Germanistische Mediävistik, Institut für Deutsche Philologie, Ludwig-Maximilians-Universität München)
Die Rolle der Universitäten in der Informationsgesellschaft
Mittwoch, 12. Juli 2006, 18.15 Uhr, Hörsaal N 3 (Muschel)