Studium generale: Mainzer Universitätsgespräche
Warum wir wissen wollen: Neugier, Staunen, Zweifeln
Prof. Dr. Karl-Heinz Kohl
Direktor des Frobenius-Instituts, Goethe-Universität Frankfurt am Main
Neugier – eine anthropologische Konstante?
Beispiele aus der Ethnologie
Mittwoch, 16. Juli 2014, 18:15 Uhr, Hörsaal N 1 (Muschel)
Der Drang, das Unbekannte zu erkunden, ist nicht allein auf den Menschen beschränkt, sondern findet sich auch bei zahlreichen Tierarten. Doch tritt uns die Neugier wie alle anthropologischen Universalien immer nur in ihrer kulturellen Einbettung entgegen. Einige Kulturen haben den steten Drang nach Neuem systematisch verstärkt, andere haben ihn einzudämmen versucht. Insbesondere in indigenen Gesellschaften werden die mit ihm verbundenen starken emotionalen Triebkräfte als Gefährdung der sozialen Stabilität angesehen. Restriktiver Umgang mit den nur den Initiierten zugänglichen Wissensbeständen und Abschottung nach außen helfen dabei, ihn zu bändigen. Die europäischen Kulturen der Neuzeit scheinen ihn dagegen dazu benutzt zu haben, mit dem Wissens- auch den eigenen Machthorizont kontinuierlich zu erweitern. Deutlich treten die unterschiedlichen Formen des Umgangs mit dem Neuen in Situationen des First Contact hervor, die im Mittelpunkt des Vortrags stehen werden.
Karl-Heinz Kohl, geb. 1948 in Fürth/Bay., ist Direktor des Frobenius-Instituts an der Goethe-Universität Frankfurt a.M. und o. Mitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften; Promotion und Habilitation an der FU Berlin; ethnographische Feldforschungsaufenthalte in Indonesien; 1988–1996 Prof. für Ethnologie an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz; 1996–2014 Prof. für Ethnologie an der Goethe-Universität Frankfurt. 2007–2011 Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Völkerkunde. – Neuere Veröffentlichungen: (Co-ed.), The End of Anthropology? Wantage: Sean Kingston 2011; (Mithrsg.), Der Kaiser und sein Forscher. Der Briefwechsel zwischen Wilhelm II. und Leo Frobenius (1924–1938), Stuttgart: Kohlhammer, 2012.