Der Interdisziplinäre Arbeitskreis für Drama und Theater und das Studium generale laden im Rahmen der Ringvorlesung KLEISTS REZEPTION zu folgendem Vortrag ein:
Achtung, der ursprünglich für den 10.01.11 vorgesehene Vortrag von Prof. Dr. Klaus Pietschmann (Mainz)
Zur musikalischen Kleist-Rezeption
muss wg. Erkrankung des Referenten leider ausfallen!
Schon relativ früh erfuhren die Werke Heinrich von Kleists eine rege musikalische Rezeption. Adaptationen seiner Dramen für die Opernbühne blieben jedoch eher die Ausnahme, allerdings avancierten speziell zwei Vertonungen zu zentralen Werken des Musiktheaters des 20. Jahrhunderts. Othmar Schoecks 1927 in Dresden uraufgeführter Einakter »Penthesilea« erscheint als der Versuch, Kleists schwere, konsonantenreiche Sprache lediglich gekürzt, in der Substanz jedoch unverändert zu vertonen und für die Entwicklung eines neuartigen, radikalen Deklamationsstils fruchtbar zu machen, der von einer expressiven Harmonik und Instrumentation getragen wird. Das Resultat erwies sich in der Theaterpraxis als beinah ebenso schwer realisierbar wie die Vorlage, erfuhr allerdings in neuerer Zeit wieder verstärkte Aufmerksamkeit. Diese vergleichsweise häufige Bühnenpräsenz verbindet Schoecks Oper mit Hans Werner Henzes 1960 in Hamburg uraufgeführter und 1991 überarbeiteter Vertonung des kleistschen Dramas »Der Prinz von Homburg« in der Textfassung von Ingeborg Bachmann. Ebenso wie im Falle Schoecks ist es der besondere Duktus der Sprache Kleists, der Henze die Sujetwahl treffen ließ. Seine Partitur allerdings zeichnet sich durch eine geradezu gegenteilige, von der Ausdruckswelt der italienischen Oper geprägte Auffassung aus, die die Handlung als Traumszenerie stilisiert und klanglich inszeniert. In diesen konträren musikalischen Umgangsweisen mit dem Oeuvre Kleists spiegeln sich zugleich elementare Grundhaltungen des musiktheatralen Komponierens im 20. Jahrhundert.
Klaus Pietschmann legte nach dem Studium der Musikwissenschaft sowie Mittleren und Neueren Geschichte in Köln, Florenz und Münster im Jahre 1996 die Magisterprüfung in Mittelalterlicher Geschichte ab und wurde im Jahre 2000 an der Universität Münster mit einer musikwissenschaftlichen Arbeit über die päpstliche Kapelle unter Papst Paul III. promoviert. Anschließend hatte er Mitarbeiterstellen in Bonn, Köln und Zürich inne, bevor er sich 2006 in Zürich mit einer Arbeit zur Wiener Operngeschichte um 1800 habilitierte und eine Assistenzprofessur in Bern antrat. 2008/09 war er Stipendiat am Harvard University Center for Italian Renaissance Studies Villa I Tatti in Florenz. Seit 2009 ist er Professor für Musikwissenschaft an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.
Nächster Vortrag in dieser Reihe:
Dr. Michèle Jung (Avignon)
Die Kleist-Rezeption in Frankreich
Montag, 17. Januar 2011, 18:15 Uhr, P 3 (Philosophicum)