Studium generale: Mainzer Universitätsgespräche
"Zwischen Vernunft und Intuition. Wie treffen wir Entscheidungen?"
Prof. Dr. Klaus Wälde
(Johannes Gutenberg-Universität Mainz)
Zwischen Fühlen und Denken: Duale Prozesstheorien in der Ökonomie und Psychologie
Mittwoch, 6. Feb. 2013, 18.15 Uhr, Hörsaal N 1 (Muschel)
Jeder Mensch, der zu sich ehrlich ist, gesteht sich ein, dass Gefühle eine Rolle in jeder Entscheidung spielen. Denkt man über diesen Satz nach, ist man verleitet zu sagen: Natürlich spielen Gefühle eine Rolle! Dann aber überfällt einen der Gedanke des kühlen Abwägens, des emotional distanzierten Kalküls, vielleicht auch als normative Forderung an den ʹrationalen Menschenʹ. Nein, doch nicht emotional, ich überlege wohl abgewogen.
Wie entscheidet nun der Mensch? Sind Entscheidungsprozesse primär oder sogar ausschließlich denkender, soll heißen logischer, emotional befreiter Natur? Oder spielen Gefühle ebenfalls eine Rolle? Die Theorie dualer Prozesse in der Psychologie geht von der Koexistenz verschiedener Entscheidungsprozesse aus, die unter Umständen auch unterschiedliche Ziele verfolgen und somit im Konflikt stehen. Dies ist durch Belege verschiedener Art gut gestützt. Die Ökonomik untersucht in ihrem Teilgebiet der Entscheidungstheorie die hinter Entscheidungen stehenden Grundlagen. In modernen Ansätzen wird dabei eine enge Verbindung hergestellt zwischen neurologischer und psychologischer Evidenz auf der einen Seite und der Modellierung von Entscheidungsprozessen auf der anderen.
Ziel dieser Vorlesung ist es, diese spannenden Verbindungen zwischen ökonomischen Methoden und psychologischen Grundlagen anhand aktueller Forschungsprojekte darzustellen und einen Ausblick auf zukünftige Forschung zu geben.
Klaus Wälde ist Professor für Volkswirtschaftslehre und Mitglied des Gutenberg Forschungskollegs an der Universität Mainz. Er studierte Wirtschaftsingenieurwesen an der Universität Karlsruhe und promovierte und habilitierte in Volkswirtschaftslehre an den Universitäten Kiel bzw. Dortmund. Er hielt Lehrstühle an den Universitäten Dresden, Würzburg und Glasgow inne und arbeitete als Volkswirt für die Weltbank und die Kommission der Europäischen Union. Aktuelle Veröffentlichungen betonen die gesellschaftlich und ökonomisch wünschenswerte Funktion von Gewerkschaften (Economic Journal, 2012) und weisen den Hartz IV Reformen eine vernachlässigbare Rolle in der Reduktion der Arbeitslosigkeit zu (International Economic Review, 2013). Seit kurzem ist er Doktorand in Psychologie. Er untersucht die Rolle von Emotionen und die Hypothese, Selbsterkenntnis sei der Weg zum Glück der Menschheit.