Prof. Dr. Lambert Wiesing – Vortragsexposé – Wintersemester 2016/2017

Studium generale – Mainzer Universitätsgespräche
"Im Bann der Dinge. Materialität und Lebensstil"

Prof. Dr. Lambert Wiesing
Direktor des Instituts für Philosophie, Lehrstuhl für Bildtheorie und Phänomenologie, Friedrich-Schiller-Universität Jena

Luxus

Mittwoch, 8. Februar 2017, 18:15 Uhr, Hörsaal N 1 (Muschel)

Luxus wird oft getadelt und nicht seltener verherrlicht, doch die rein deskriptive Frage "Was ist Luxus?" spielt in den Geisteswissenschaften keine Rolle. Es gibt keine Luxusforschung, die systematisch die Kriterien zu bestimmen versucht, wann etwas Luxus ist. Der Vortrag entwickelt – jenseits aller Bewertung – diesbezüglich einen dezidiert phänomenologischen Vor­schlag: Im Gegensatz zum ostentativen Protz entsteht Luxus durch eine private ästhetische Erfahrung des Besitzens von etwas, das zwar einen Zweck erfüllt, aber übertrieben und daher nicht-zweckmäßig ist. Überflüssiges und irrational Aufwendiges wird für jemanden dann zu Luxus, wenn das Besitzen dieser Sache auf eine bestimmte Art und Weise erlebt wird: nämlich, wie Adorno treffend formuliert, als der Versuch "der Sklaverei der Zwecke zu entfliehen". Das heißt: als die eigensinnige Befreiung eines autonomen Subjekts aus einer vereinnahmenden Herrschaft des Zweckrationalismus und Effizienzdenkens.

Prof. Dr. Lambert Wiesing, Studium der Philosophie, Kunstgeschichte und Archäologie in Münster. 1989 Promotion, 1996 Habilitation in Philosophie. Von 1993 bis 1999 Vizepräsident der "Deutschen Gesellschaft für Ästhetik". Vertretungsprofessuren für Theoretische Philo­sophie und Geschichte der Philosophie an den Universitäten Bamberg und Jena. Seit 2001 Professor für Bildtheorie und Phänomenologie an der Universität Jena. 2005 bis 2008 Präsident der "Deutschen Gesellschaft für Ästhetik". 2010 Gastprofessor an der Universität Wien. Seit 2010 Geschäftsführender Direktor des Instituts für Philosophie der Universität Jena. 2013 Leverhulme Visiting Professor der Universität Oxford, 2016 Verleihung des Aby-Warburg Forschungspreises.

Ausgewählte Literatur: Die Sichtbarkeit des Bildes. Geschichte und Perspektiven der formalen Ästhetik, Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Verlag 1997, Neuauflage Frankfurt am Main: Campus 2008; Phänomene im Bild, München: Wilhelm Fink-Verlag 22007; Herausgeber von: Philosophie der Wahrnehmung. Reflexionen und Modelle, Frankfurt a. M.: Suhrkamp 52010; Herausgeber von: Maurice Merleau-Ponty: Das Primat der Wahrnehmung, Frankfurt a. M.: Suhrkamp 22006; Artifizielle Präsenz. Studien zur Philosophie des Bildes, Frankfurt a. M.: Suhrkamp 32008; Herausgabe und Kommentar der dt. Übersetzung von: David Hume, Untersuchungen über den menschlichen Verstand, Frankfurt am Main: Suhrkamp 32011; Sehen lassen. Die Praxis des Zeigens, Berlin: Suhrkamp 22013; Luxus, Berlin: Suhrkamp 2015.